Hamburg plant mit bis zu 40.000 zusätzlichen Flüchtlingen im kommenden Jahr
Hamburg wird im kommenden Jahr bis zu 40.000 zusätzliche Flüchtlinge dauerhaft unterbringen müssen. Davon jedenfalls gehen die Verantwortlichen in der Verwaltung aus. Zum Vergleich: In diesem Jahr wurden der Hansestadt bis einschließlich September rund 13.200 Flüchtlinge zugewiesen.
Da der Flüchtlingsstrom kurzfristig nicht abreißen dürfte, kommen allein in diesem Jahr noch etwa 7500 Flüchtlinge hinzu. Damit scheint klar: Hamburg wird 2016 möglicherweise doppelt so viele Flüchtlinge zusätzlich dauerhaft unterbringen, betreuen und versorgen müssen wie in diesem Jahr.
Es ist daher zweifellos richtig, sich bereits jetzt darüber Gedanken zu machen, wie man den damit verbundenen Problemen begegnen sollte. Da ist zum Beispiel die Frage, wo man die Flüchtlinge unterbringen will.
Die Bezirke haben in den vergangenen Wochen viele Flächen geprüft. Allerdings werden diese nicht ausreichen. Auch weitere Immobilien müssen hinzukommen. Vermutlich wird dabei die Frage der Größe einer Flüchtlingsunterkunft hinter der Anforderung, allen Ankommenden ein Dach über dem Kopf zu bieten, zurücktreten.
Vorbei ist auch die Zeit der Geheimniskrämerei der Behörden bei der Mitteilung darüber, wo und in welchem Ausmaß weitere Flüchtlingsunterkünfte entstehen sollen. Wer Bürgerbeteiligung ernst nimmt und wirklich daran interessiert ist, dass die Mehrheit der Bevölkerung auch weiterhin Tausenden Flüchtlingen Zuflucht gewährt, der muss vor die Menschen treten und mit offenen Karten spielen.
Konkret bedeutet das: Die Sozial- und die Innenbehörde sowie die Bezirksämter werden früher als bislang den Menschen in den Stadtvierteln erklären müssen, was geplant ist. Die Beamten dürfen künftig die Mitbestimmung von Bürgern nicht mehr auf den Besuch einer Verkündungsveranstaltung reduzieren. Sie müssen nicht nur ankündigen und erklären, sondern auch zuhören und in dem einen oder anderen Fall eigene Pläne korrigieren.
In den vergangenen Wochen sind mit Verweis auf die akute Notlage wichtige Errungenschaften unserer demokratischen Gesellschaft de facto außer Kraft gesetzt worden. Fast 6000 Wohnungen zunächst als Flüchtlingsunterkunft zu deklarieren und damit gesetzlich verbriefte Mitbestimmungsrechte der Anwohner auszuhebeln – dieser Trick wird nur dann legitimiert, wenn die Behörden bei der Planung für das kommende Jahr wieder zu Recht und Ordnung zurückkehren.
Zudem werden die regierenden Sozialdemokraten und die Grünen den Menschen in Hamburg reinen Wein über die finanziellen und gesellschaftlichen Folgen des Zustroms von mehr als drei Prozent der Bevölkerung einschenken müssen. Dazu gehört das Eingeständnis der Regierenden: Sie werden die Probleme nicht lösen können, ohne den Menschen etwas von ihrem Wohlstand wegzunehmen.
Bislang versuchen die Regierenden den Eindruck zu erwecken, trotz des Flüchtlingszustroms werde sich für die meisten Hamburger nichts ändern. Die Zahlen, mit denen jetzt geplant wird, lassen etwas anderes erwarten. Schon weil über Nacht nicht Hunderte Erzieherinnen und Lehrer vorhanden sind, werden Kitagruppen und Schulklassen voller werden. Für wenig qualifizierte Arbeitnehmer wird der Kampf um einen Arbeitsplatz härter – das gilt längst als ausgemacht.
„Das Beste hoffen, mit dem Schlimmsten rechnen“: Dieser Ansatz ist richtig. Möglicherweise gelingt es Europa, die Flüchtlinge auf mehr Länder zu verteilen. Möglicherweise zeitigen Hotspots an den Außengrenzen Wirkung. Die Erfahrungen der jüngsten Zeit lassen jedoch befürchten, dass am Ende das Schlimmste eintritt.