Hunderttausende Bürger sind in Vereinen aktiv. Ihre Leidenschaft zählt. Sie müssen für die Spiele – und das Referendum – gewonnen werden.

In wenigen Tagen wird die Bewerbungsgesellschaft für Olympia in Hamburg 2024/28 gegründet. Aufgabe ist, bis 2017 die IOC-Mitglieder von Hamburg als bester Wahl zu überzeugen. Zuvor muss die Gesellschaft die Mehrheit der stimmberechtigten Einwohner im Referendum zu „OlympiJa“ bewegen. Ein Nein bedeutet ein sofortiges Scheitern der Bewerbung, ein knappes „Pro“ wird das IOC wenig begeistern. Die Messlatte liegt hoch. Ein faszinierendes Standortkonzept soll den Hamburgern die Wahl erleichtern.

Noch ist Hamburg nicht entflammt, Olympia 2024 nicht das Thema der Stadt. Vorzüglich findet es in Medien statt – weniger am Arbeitsplatz, Familie, selbst in Sportvereinen eher verhalten. Aktuell wird es architektonisch und stadtplanerisch unter Fachleuten befeuert, Tourismus und Stadtmarketing bemüht, Verkehrsin-frastruktur und Kultur nominiert. Sportentwicklung wird selten angeführt. Dabei ist Olympia in erster Linie ein weltumspannendes großartiges Sportfest.

Ein Fest, das hohe sportliche Organisationskompetenz verlangt. Und den Zuschlag geben Sportfunktionäre. Hamburg gilt als sportfreudige Stadt, dieser spannende Zeitvertreib hat hier seine europäischen Wurzeln, die Leidenschaft scheint grenzenlos – gerade am HSV zu besichtigen. Sport gehört zum Lebensalltag, bereichert und bewegt. 600.000 Mitgliedschaften nennt der HSB als größte Vereinigung der Stadt, 190.000 Schüler sind sportlich aktiv, 300.000 Bürger treiben privat Sport. Sie interessiert, was Olympia für die sportliche Stadt bewirkt. Der Sprung über die Elbe oder Hotelkapazitäten, Architektur und Rückbau des Olympiastadions bewegen weniger. Ein Heliumdach auf dem Stadion ist entfernter als sauberer Hallenboden. Millionensummen stehen im Raum – für den Sport nur Resteverwertung?

Die Entscheidung der bayerischen Bevölkerung 2013 gegen Winterspiele 2022 – international standen die Chancen mehr als gut – bleibt Menetekel. Dort glaubte man mit Planungsskizzen, Presse-PR und einiger Prominenz genügend Befürworter an die Wahlurnen zu bekommen. Vereine und Sportindividualisten verharrten in Wartestellung, Begeisterung blieb aus. Das Ergebnis ist bekannt.

Wo überzeugt Hamburgs Sport? Kaum bei Erfolgen im Profisport. Bei den Ausdauer-Sportevents ist Hamburg international nicht mehr Spitze. Initiativen für Weltmeisterschaften im Curling, Judo, Schwimmen, Frauenfußball, Turnen sind versandet, ebenso für Multisportevents wie Universiade und Deutsches Turnfest. Attraktive Großereignisse wie Weltgymnaestrada, Europäische Jugendspiele, Special Olympics werden nicht diskutiert, ein langfristiges Bewerbungskonzept nicht bekannt. Olympiareif ist das nicht, kann aber noch werden.

Das wäre Aufgabe der Zukunftskommission, mit der Dekadenstrategie ins Leben gerufen. Von ihr hörte man bis 2014 Zurückhaltung zur Olympiabewerbung, danach nichts mehr. In 80 Arbeitsgruppen gibt es nach vier Jahren wenig Umgesetztes, die Sportverwaltung ist geschrumpft und das Hamburger Leitungspersonal der Olympiabewerbung ohne Sportkompetenz. Zu den Themen Sportstättenbau, Sportlehrer- und Trainerausbildung, Talentförderung, Schulsport, Vereinsentwicklung, Inklusion und Sportartenförderung wenig Konkretes – hier drückt es die Vereine. Wie zu Finanzen, wo der HSB seit Jahren auf die Erhöhung zur Förderung seiner Mitglieder wartet – Summen, die Bruchteile der Bewerbungskosten darstellen. Das Bermudadreieck der Sportentwicklung heißt Konzepte, Kosten und Kompetenz. Droht Olympia darin zu verschwinden?

Das könnte beim Referendum und IOC-Votum verhängnisvoll werden. Über Vereine ließe sich Potenzial für die Zustimmung beim Referendum erschließen. Über die Olympischen Fachverbände, viele in Hamburg nicht hinreichend ausgestattet, muss sich die Akzeptanz für Hamburg in die internationalen Spitzenverbände durchsetzen – sie sind Mehrheit im IOC und sichern das breite sportlich-kulturelle Erbe Olympias. Und wir müssen die Interessen des Hamburger Sports gegen Begehrlichkeiten von internationalen Spitzenverbänden, Sponsoren, Stadionbauern und Medien behaupten. Kompetenzen sind zu bündeln, um die ersten Etappen zu bewältigen.

Die Bereitschaft, Konzepte einzubringen, ist an vielen Stellen erkennbar. 25.000 Fackeln im Februar an der Alster stehen dafür.