Hamburg. Forscher stellt Studie zur Vergabepraxis des IOC vor. Uno-Berater Lemke: 60 Prozent sollten bei Referendum mit Ja stimmen.
Im August 2017 wählt das Internationale Olympische Komitee (IOC) auf seiner Versammlung in Perus Hauptstadt Lima den Ausrichter der Sommer- und Paralympischen Spiele für das Jahr 2024. Bisher wollen sich Boston (USA), Paris, Rom und Hamburg um das größte Sportfest der Welt bewerben. Anmeldeschluss ist der 15. September dieses Jahres.
„Hamburg ist für mich der Favorit“, sagt der renommierte Wirtschaftswissenschaftler Prof. Wolfgang Maennig, 55, Berliner mit Lehrstuhl an der Universität Hamburg. Mit seinen Kollegen hat der Ruder-Olympiasieger im Achter von 1988 einen Bewertungskatalog mit 150 Kriterien erarbeitet, nach dem das IOC seit 1992 Olympische Spiele offenbar vergeben hat. „Würde Istanbul erneut kandidieren, wäre die Stadt nach unserer Auswertung im Vorteil. Weil die Türken aber wahrscheinlich nicht für 2024 antreten werden, liegt für uns Hamburg klar vorn“, sagte Maennig auf dem 15. Hamburger Symposium für Sport, Ökonomie und Medien, das bis zum heutigen Freitag in der Haupttribüne des St.-Pauli-Stadions am Millerntor abgehalten wird.
Entscheidend sei für das IOC unter anderem, wie lange ein Land keine Olympischen Spiele mehr ausrichten durfte – in Deutschland fanden sie zuletzt 1972 in München statt –, die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sportlichen Koordinaten des Bewerbers sowie die Größe der Stadt. Reduziere man Hamburg auf seine 1,7 Millionen Einwohner, lägen die Olympiachancen bei 31,4 Prozent. Rechnete man aber wie woanders den Großraum mit insgesamt 3,2 Millionen Menschen ein, stiegen sie auf 92 Prozent. „Viele Hamburger machen sich noch gar nicht bewusst, dass hier in neun Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit Olympische Spiele stattfinden werden“, sagte Maennig. Er würde das ausdrücklich begrüßen, weil Olympia den Geist der Stadt positiv verändern könnte. Hamburg brauche neuen Schwung, „und Olympia ist das Instrument, das dazu am besten geeignet ist“.
Auch der ehemalige Werder-Bremen-Manager Willi Lemke, 68, setzt auf Sommerspiele in der Stadt, in der er aufwuchs. Er hoffe, dass beim Referendum am 29. November mehr als 60 Prozent für die Bewerbung stimmen, sagte der Sport-Sonderberater von Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon auf dem Kongress. Lemke: „Ich würde so viel Engagement kreieren, dass am Ende sogar eine Sieben an erster Stelle steht. Je höher diese Zahl ist, desto besser ist es, um sich international durchzusetzen.“ Die Begeisterung derer, die die Spiele von ganzem Herzen wollten, müsse in den nächsten 163 Tagen auf alle anderen überschwappen.
Die für den gestrigen Donnerstag geplante Gründung der Bewerbungsgesellschaft wurde erneut verschoben. Sie soll nun am 30. Juni erfolgen.