Hamburg. Nach einer verkorksten Saison bleibt der Hamburger SV doch noch erstklassig. Ausgerechnet das letzte Spiel macht Mut.

Nach dieser Saison fehlen die Worte. Unvorstellbar, dass der Hamburger SV zweimal nacheinander nur 16. der Fußball-Bundesliga geworden ist und in die Relegation musste. Unvorstellbar, dass die Rettung irgendwie doch noch gelang, damals wie gestern. Und unvorstellbar, wie es mit diesem, viele Hamburger sagen: unserem HSV nun weitergehen soll.

Denn eigentlich sollten sie doch abgestellt werden, die Fehler aus der fatalen Spielzeit 2013/14. Alles, was die Erneuerer des Vereins vor einem Jahr, nach dem vermeintlich einmaligem Ausrutscher in die Relegation gefordert hatten, erhielten sie auch: eine neue Struktur, einen neuen Aufsichtsrat, einen neuen Vorstand, neue Investoren, neues Geld, jede Menge neue (teure) Spieler und am Ende auch Trainer. Geholfen hat es – nichts. Die Bilanz der Erneuerung ist desaströs, und nicht nur der HSV-Fan fragt sich, wie es denn bei diesem Verein jemals wieder besser werden soll, wenn nicht einmal radikale Einschnitte helfen.

Niemand hat damit gerechnet, dass die Mannschaft im Jahr eins von HSV-Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer gleich wieder die Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb schafft. Aber einen Platz zwischen zehn und zwölf hätte man schon erwarten können nach all dem, was die neue Führung angekündigt und wieviel Geld sie dafür ausgegeben hatte. Das tatsächliche Ergebnis ist eine große Niederlage für alle Verantwortlichen, genauso schlimm, wie sie es vor einem Jahr für ihre Vorgänger war. Mit dem entscheidenden Unterschied, dass das Team um Beiersdorfer nicht weichen muss, dass es seinen Weg weiter gehen kann.

Und, auch wenn das komisch klingt: Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Das Problem des HSV war in Wahrheit nämlich nie ein mangelnder Veränderungswillen, weder inhaltlich noch personell. Das Problem des HSV war (und ist) seine mangelnde Konstanz, das fehlende Festhalten an einer Strategie. Gerade die ständigen Wechsel auf der Trainerposition, aber auch die Unruhen an der Spitze des Vereins haben es den Fußballspielern leicht gemacht, von den massiven eigenen Schwächen abzulenken.

Irgendeinen im Führungskreis des HSV gab es immer, auf den die Profis zeigen konnten, wenn es wieder einmal nicht lief. Und wer neu dazu kam, lernte schnell: Beim HSV kann man viel Geld verdienen, ohne große Leistungen zu bringen. Gibt es etwas Schöneres für einen Arbeitnehmer? Die Mannschaft war das Problem des HSV, wie immer im Fußball, und es ist zu befürchten, dass Beiersdorfer und die Seinen noch einige Monate benötigen werden, um deren Mentalität zu verändern.

Emotionen auf den Rängen

HSV-Fans feiern in Hamburg in der Imtech Arena beim Public Viewing vor einer Videoleinwand den Ausgleichstreffer des HSV im Relegationsspiel
HSV-Fans feiern in Hamburg in der Imtech Arena beim Public Viewing vor einer Videoleinwand den Ausgleichstreffer des HSV im Relegationsspiel © dpa | Christian Charisius
Maskottchen Dino Hermann war nicht mehr zu halten
Maskottchen Dino Hermann war nicht mehr zu halten © WITTERS | TimGroothuis
Lotto King Karl umarmt den Dino
Lotto King Karl umarmt den Dino © WITTERS | TimGroothuis
Die Fans rasten aus!
Die Fans rasten aus! © WITTERS | TimGroothuis
13.000 Fans in Extase
13.000 Fans in Extase © WITTERS | TimGroothuis
Nach dem Schlusspfiff kannte die Freude keine Grenzen
Nach dem Schlusspfiff kannte die Freude keine Grenzen © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Großer Jubel!
Großer Jubel! © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Die Freude war kaum kanalisierbar
Die Freude war kaum kanalisierbar © Roland Magunia | Roland Magunia
Als das entscheidende Tor fiel, gab es im Restaurant
Als das entscheidende Tor fiel, gab es im Restaurant "Gurke" in Harvestehude kein Halten: HSV-Fans rissen die Arme hoch und lagen sich jubelnd in den Armen und sangen nach dem Schlusspfiff lautstark "Hamburch meine Perle" © Jörg Riefenstahl
Jubelbilder aus der
Jubelbilder aus der "Gurke" © Jörg Riefenstahl
Jubelbilder aus der
Jubelbilder aus der "Gurke" © Jörg Riefenstahl
Jubelbilder aus der
Jubelbilder aus der "Gurke" © Jörg Riefenstahl
Jubelbilder aus der
Jubelbilder aus der "Gurke" © Jörg Riefenstahl
Jubelbilder aus der
Jubelbilder aus der "Gurke" © Jörg Riefenstahl
Vorher war das Spiel in der Imtech-Arena kaum zu ertragen
Vorher war das Spiel in der Imtech-Arena kaum zu ertragen © dpa | Christian Charisius
Die Angst in den Gesichtern
Die Angst in den Gesichtern © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Wer glaubte noch an die Rettung?
Wer glaubte noch an die Rettung? © dpa | Christian Charisius
Die Fans des HSV standen zu Beginn voll hinter ihrem Team
Die Fans des HSV standen zu Beginn voll hinter ihrem Team © WITTERS | TimGroothuis
Die Karlsruher Fans zeigen vor dem Spiel eine Choregraphie
Die Karlsruher Fans zeigen vor dem Spiel eine Choregraphie © dpa | Daniel Naupold
Die Hamburger Fans brennen vor dem Spiel Pyrotechnik ab
Die Hamburger Fans brennen vor dem Spiel Pyrotechnik ab © dpa | Daniel Naupold
Auf der Tribüne: Josef
Auf der Tribüne: Josef "Joe" Zinnbauer und Oliver Kreuzer © WITTERS | ThorstenWagner
Tausende HSV-Fans waren auch beim Public-Viewing in der Imtech-Arena zugegen
Tausende HSV-Fans waren auch beim Public-Viewing in der Imtech-Arena zugegen © dpa | Christian Charisius
Public Viewing im Hamburger Volksparkstadion am Montag - die Uhr läuft noch
Public Viewing im Hamburger Volksparkstadion am Montag - die Uhr läuft noch © Roland Magunia | Roland Magunia
Die HSV-Fans machten in Karlsruhe schon vor dem Anpfiff ordentlich Alarm
Die HSV-Fans machten in Karlsruhe schon vor dem Anpfiff ordentlich Alarm © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Die Unterstützung ist schon die ganze Saison über einmalig
Die Unterstützung ist schon die ganze Saison über einmalig © Bongarts/Getty Images | Martin Rose
Trainer Bruno Labbadia guckt vor dem Anpfiff ein wenig skeptisch
Trainer Bruno Labbadia guckt vor dem Anpfiff ein wenig skeptisch © WITTERS | ValeriaWitters
Gojko Kacar konzentriert sich vor dem Spiel
Gojko Kacar konzentriert sich vor dem Spiel © WITTERS | ValeriaWitters
Artjoms Rudnevs, Heiko Westermann und Torwart Jaroslav Drobny vor der Partie
Artjoms Rudnevs, Heiko Westermann und Torwart Jaroslav Drobny vor der Partie © WITTERS | ValeriaWitters
Mohamed Gouaida, Ronny Marcos und Maximilian Beister bei der Platzbegehung
Mohamed Gouaida, Ronny Marcos und Maximilian Beister bei der Platzbegehung © WITTERS | ThorstenWagner
Pierre-Michel Lasogga kann auch spielen
Pierre-Michel Lasogga kann auch spielen © WITTERS | ValeriaWitters
KSC-Trainer Markus Kauczinski vor dem Spiel
KSC-Trainer Markus Kauczinski vor dem Spiel © WITTERS | ValeriaWitters
Torwart Jaroslav Drobny ist zur Unterstützung dabei
Torwart Jaroslav Drobny ist zur Unterstützung dabei © WITTERS | ValeriaWitters
Rafael van der Vaart (l.) und Peter Knaebel (Direktor Profifussball) gehen den Rasen ab
Rafael van der Vaart (l.) und Peter Knaebel (Direktor Profifussball) gehen den Rasen ab © WITTERS | ValeriaWitters
Rafael van der Vaart wirkt vor dem Spiel gelöst
Rafael van der Vaart wirkt vor dem Spiel gelöst © WITTERS | ValeriaWitters
Maximilian Beister ist guter Dinge
Maximilian Beister ist guter Dinge © WITTERS | ValeriaWitters
Poliziautos stehen vor dem Wildparkstadion
Poliziautos stehen vor dem Wildparkstadion © dpa | Daniel Naupold
90 Minuten vor dem Spiel ist der Schriftzug
90 Minuten vor dem Spiel ist der Schriftzug "Relegation 2015" am Spielertunnel im Wildparkstadion zu sehen © dpa | Daniel Naupold
Polizisten gehen vor dem Spiel durch den Eingang zum Wildparkstadion
Polizisten gehen vor dem Spiel durch den Eingang zum Wildparkstadion © dpa | Daniel Naupold
Die Ruhe vor dem Sturm
Die Ruhe vor dem Sturm © dpa | Daniel Naupold
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Wahrscheinlich wird das erst möglich sein, wenn ein großer Teil jener Spieler, die die vergangenen Jahre miterlebt und ihre Einstellung eben nicht gewandelt haben, verschwunden ist. Der Neuanfang hat dort, wo er am wichtigsten gewesen wäre, nämlich auf dem Platz, noch nicht begonnen.

Ob er in der nächsten Saison gelingen wird? Das letzte Spiel macht Mut, genauso wie die Bilanz unter Bruno Labbadia. Der HSV hat sich ein weiteres Jahr in der Bundesliga und damit eine zweite Chance für den Neuanfang erkämpft. Nicht unmöglich, dass man das Wirken von Beiersdorfer und Co. erst im nächsten Jahr spürt, ebenso möglich, dass mit Labbadia, dem bekennenden Hamburger, endlich Ruhe in den Verein kommt. Eine Saison mit einem Trainer wäre schon ein Erfolg.

Die Geschichte dieser Spielzeit war unvorstellbar, das Ende unglaublich und der Klassenerhalt mehr verdient als im vergangenen Jahr, als den Hamburgern nicht mal in der Relegation ein Sieg gelang. Und: Noch mal Platz 16 – das schafft nicht mal der Hamburger SV.