Die Erzieher haben recht mit ihrer Forderung nach mehr Anerkennung – und mehr Geld

Letztlich ist es egal, wie lange sich die Tarifverhandlungen von kommunalen Arbeitgebern und Gewerkschaften hinziehen: Am Ende wird es mehr Geld für die Beschäftigen der Kitas und der diversen anderen Sozialeinrichtungen geben. Und das ist auch richtig so. Darüber, dass Erzieher unterbezahlt sind, herrscht längst Konsens in der Gesellschaft, und sogar die Eltern, die der neue Kita-Streik in Hamburg kalt erwischt hat, zeigten Verständnis – wenn auch nicht immer für das Vorgehen an sich, so doch für das Anliegen der Streikenden.

Denn die niedrige Besoldung der Erzieher ist längst ein Anachronismus. Sie rührt noch aus den Zeiten, als die Arbeit in den Kindergärten „nur“ als Fortsetzung der mütterlichen Pflege gesehen wurde, als eine leichte Arbeit, ähnlich der einer „Nur“-Hausfrau. Aber hier liegt schon die erste Ungerechtigkeit. Denn Kindererziehung war nie leicht. Mütter mussten schon immer viel leisten, und die Kindergärtnerinnen (wie sie früher hießen) entsprechend auch.

Die Qualität der Erziehungsarbeit wird traditionell am Wert der einzelnen Schulabschlüsse gemessen – und auch entsprechend vergütet. Die Arbeit an einer gymnasialen Oberstufe mit der Vorbereitung auf Abitur und Studium gilt als schwerer als beispielsweise das Unterrichten an einer Grundschule. Lehrer müssen ein langes Studium absolvieren und vor allem mit älteren Schülern auf hohem geistigen Niveau arbeiten – so weit, so nachvollziehbar. Ungerecht ist aber, dass das Ansehen und die damit verbundene Bezahlung der Erzieher so stark gegen die der Lehrer abfällt. Denn der Beruf des Erziehers hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert.

Erzieher sind heute viel stärker Sozialpädagogen als früher. Sie müssen mehr Kinder aus fremden Kulturkreisen ebenso inte­grieren und auf die Grundschulzeit vorbereiten wie verhaltensauffällige Kinder, die nicht einmal die einfachsten Regeln des täglichen Miteinanders verstehen, geschweige denn beherrschen. Erschreckend oft müssen Erzieher die Arbeit von Eltern übernehmen, die sich dazu nicht in der Lage sehen – warum auch immer. Grundschullehrer betonen oft, wie froh sie über die vorbereitende Arbeit vieler Kitas sind.

Hinzu kommt, und das wird oft vergessen, dass die Erzieher heute viel jüngere Kinder betreuen als es früher der Fall war, weil der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz mittlerweile schon für die Allerkleinsten gilt.

Eine Erzieherin berichtete am Rande der gestrigen Demo, dass sie oft ganz alleine bis nachmittags 16 Kinder betreuen muss, von denen keines älter als drei Jahre ist. Den damit verbundenen Aufwand kann man sich kaum vorstellen – und ein Einzelfall ist das gewiss nicht. Überhaupt scheint es, dass manche Eltern Kitas nur als Verwahranstalt für ihren Nachwuchs sehen – und mit den Kleinen auch gleich den Erziehungsauftrag an der Tür abgeben. All das zeigt: Die Anforderungen an den Erzieherberuf sind stark gestiegen – anders als die Gehälter der Erzieher.

In Zeiten, in denen Hamburg einen erfreulichen Anstieg der Geburtenzahlen erlebt, müssen zusätzliche Anreize geschaffen werden, damit auch in Zukunft junge und qualifizierte Menschen diesen Beruf ergreifen und ihn auch mit Spaß ausüben. Mehr Wertschätzung ist es, was sich die Erzieher wünschen – und Wertschätzung drückt sich nun mal auch im Gehalt aus. Eine Gesellschaft, die etwas auf sich hält, sollte eben nicht nur darauf gucken, wie viele Spitzenabiturienten ihr irgendwann einmal Spitzenerträge einbringen. Sie sollte vielmehr einsehen, dass der Weg dorthin schon viel früher beginnt: nämlich in guten Kitas mit gut bezahlten Erziehern.