Urteil des Verwaltungsgerichts über Luftreinheit setzt Hamburgs Behörden unter Druck
In einem Punkt trügt die Hoffnung von Hamburgs Umweltsenatorin Jutta Blankau. Dass die Verwaltungsrichter in der Begründung ihres gestern verkündeten Urteils in Sachen Luftreinhaltung konkrete Hinweise geben werden, was die Stadt unternehmen sollte, ist kaum zu erwarten. Bereits während der Gerichtsverhandlung am Mittwoch machte der Vorsitzende Richter Claus von Schlieffen deutlich, dass dies nicht die Aufgabe des Gerichts sei.
Insofern ist Blankaus flapsige Reaktion, sie erwarte Hinweise darauf, wie man unter den gegebenen Rahmenbedingen überhaupt noch rechtssicher einen Luftreinhalteplan gestalten könne, ein wenig unfair. Richter machen nun mal keine Gesetze, sondern haben lediglich über deren Einhaltung zu wachen. Wer aber ist verantwortlich dafür, dass die Stadt – nach eigenen Angaben sogar bis zum Jahr 2026 – den von der Europäischen Kommission festgelegten Grenzwert für Stickstoffdioxid in der Luft nicht einhalten kann? Wie so oft im Leben haben wohl alle an dem Verfahren Beteiligten irgendwie damit zu tun. Natürlich steht der Umweltschutzorganisation BUND und dem Anwohner der Max-Brauer-Allee angesichts der seit Jahren anhaltenden Überschreitung des Grenzwertes das Recht zu, die Stadt vor Gericht zu verklagen und so mehr Anstrengungen für die Reinhaltung der Luft zu initiieren. Grenzwerte gelten nun einmal nicht nur für uns Bürger, sondern auch für die staatlichen Behörden.
Aber es grenzt schon an Rechtsmissbrauch, wenn BUND-Landesgeschäftsführer Manfred Braasch – ähnlich wie bei seinem Kampf gegen eine weitere Elbvertiefung – ein politisches Ziel mithilfe von juristischen Winkelzügen erreichen will. Man kann für die City-Maut, Umweltzonen und Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen kämpfen. Aber das Fehlen einer eigenen politischen Mehrheit per Gericht auszuhebeln, kann nicht im Sinne von Demokratie sein.
Allerdings sollte auch die Stadt sich nicht zurücklehnen. Es mag richtig sein, dass hiesige Behörden wenig Einfluss darauf haben, welche Autos ihre Bürger fahren, und der wachsenden Sympathie der Deutschen für Dieselfahrzeuge – sie gelten als einer der wichtigsten Verursacher von Stickstoffdioxiden – könnte in erster Linie durch Bundesgesetze Einhalt geboten werden.
Wer aber hindert Hamburg, im Bundesrat für umweltfreundlichere Automobile aktiv zu werden? Der Weisheit letzter Schluss scheint auch nicht zu sein, den Forderungen nach Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen mit dem Hinweis zu begegnen, man habe 1983 als erste Stadt Deutschlands Tempo-30-Zonen eingeführt – und damit habe es sich’s.
Es ist nun einmal Fakt: der Hamburger Luftreinhalteplan mit seinen 80 Maßnahmen verhindert nicht, dass bei Stickstoffdioxid der Grenzwert dauerhaft massiv überschritten wird. Die Gesundheit der Hamburgerinnen und Hamburger wird dadurch gefährdet. Daher ist es die Pflicht von Politik und Verwaltung, sich Gedanken darüber zu machen, dieses Problem so rasch wie möglich zu lösen. Auch wenn das mehr Geld kosten sollte.
Bleibt zuletzt der Blick nach Berlin und Brüssel. Natürlich muss die Frage erlaubt sein, warum unter Zustimmung der Bundesregierung in Brüssel ein Grenzwert für Stickstoffdioxid beschlossen wird, der in einer Reihe von deutschen Städten und Ballungsräumen nicht eingehalten werden kann? Vorgaben, die so weit an der Realität vorbeigehen, verstärken nur den Verdruss über die EU.
Es war beeindruckend zu erleben, wie sachlich vor dem Hamburger Verwaltungsgericht am Mittwoch die Materie von allen Beteiligten debattiert wurde. Die Verhandlung hätte am Ende sicher einen Kompromiss verdient gehabt. Den konnten die Richter nicht verkünden. Darum muss jetzt in den Behörden gerungen werden. Dieser Druck aber ist notwendig.