Die Politik ist auf dem Holzweg, findet Abendblatt-Redakteur Christoph Rybarczyk
Ist schon wieder Murmeltiertag? Die Ärzte haben doch gerade erst eine kräftige Honorarerhöhung bekommen. Und schon jammern sie wieder, dass in einigen Hamburger Stadtteilen das Praxislicht ausgeht, weil da ein neues Gesetz aus Berlin kommt, das den Aufkleber Gesundheitsreform trägt.
Die Lobbys in Deutschland funktionieren prächtig. Und das ist gut so! Denn wo soll sonst der Sachverstand herkommen? Von unseren Volksvertretern kaum, weil sie sich verlieren zwischen Finanzkrise, Verteidigung, Versorgung und anstehenden Wahlen. Da helfen auch Ausschüsse und Expertenanhörungen nicht.
Man braucht gerade an einem Gesundheitsstandort wie Hamburg, wo jeder achte oder neunte Job mit der Branche zu tun hat, starke Lobbyisten. Die Ärzte sind dabei eine besondere Spezies. Und sie haben in diesem Fall recht. Das Versorgungsstärkungsgesetz ist in Wahrheit eine große Schwäche. Es will bürokratisch regeln, wie und wo sich Ärzte anzusiedeln haben. Hamburg ist ein Sonderfall. Im Stadtstaat mit seinen medizinischen Leuchttürmen ist die Lage anders als am Rande einer Ruhrgebietsstadt.
Hinzu kommt eine populistische Termingarantie, bei der selbst die Krankenkassen abwinken. Will man die Notaufnahmen der Krankenhäuser weiter mit Wartenden füllen?
Das ist ein Holzweg. Und er wird morsch, wenn man an das Hamburger Krankenhausgesetz denkt, das in diesen Tagen zwischen Senat, Bürgerschaft und Experten verhandelt wird. Auch hier steht hinter allen Neuregelungen: Die Politik will den Medizinbetrieb knebeln, trotz aller Wahlfreiheit, Niederlassungsfreiheit und großer Konkurrenz gerade unter den Hamburger Krankenhäusern.
Mit dem Argumentationshammer „Qualität“ wird jede Kritik erschlagen. Künftig soll nach Qualität bezahlt werden. Doch wie man die misst, wer das bestimmt und welche Auswirkungen das hat – völlig offen. Auch hier ist Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) gefordert. Sie hat in ihrer bisherigen Amtszeit buchstäblich gesunden Menschenverstand bewiesen. Ausgerechnet bei den Ärzten sollte sie ihn nicht verlieren.