... und ein Bürgermeister, der derzeit kaum zu bezwingen ist
Es gibt dankbarere Aufgaben in der Politik, als im Jahr 2014 Bürgermeister-Kandidat der Hamburger CDU zu sein. Die Partei hat sich von dem Wahldesaster 2011, als sie nur sieben Jahre nach dem Erringen der absoluten Mehrheit auf 21,9 Prozent abstürzte, nicht wirklich erholt. Auch wenn die große innere Zerreißprobe in der Folge des Machtverlusts ausgeblieben ist, rumort es immer wieder im Kampf um Posten und Pöstchen.
Vor allem aber sieht sich die Union aus heutiger Sicht einem kaum bezwingbaren Hauptgegner gegenüber: Sozialdemokrat Olaf Scholz ist als Erster Bürgermeister sehr geachtet, ja sogar beliebt und betreibt eine wirtschaftsfreundliche Politik der Mitte, mit der sich auch viele CDU-Wähler anfreunden können.
Dass CDU-Oppositionschef Dietrich Wersich im Lichte der überaus rauen Ausgangslage bereit ist, als Bürgermeister-Kandidat 2015 anzutreten, ist ihm hoch anzurechnen. Manch anderer mit seinen Talenten wäre sich zu schade, in ein solches Rennen zu gehen. Und die CDU kann sich freuen: Sie bekommt den komplettesten Spitzenkandidaten seit Langem – Lichtgestalt Ole von Beust eingeschlossen.
Wersich bringt eine langjährige exekutive Erfahrung als Staatsrat und Senator mit – er kennt die Hamburger Verwaltung und die Mechanismen der Macht aus dem Effeff. Als Arzt und früherer Theatermanager verfügt er darüber hinaus über berufliche Erfahrungen auf sehr unterschiedlichen Feldern. Und was die Hamburger bei ihren Politikern besonders schätzen: Wersich ist auch noch Hamburger und hat immer in der Stadt gelebt.
Wersichs Problem ist – die CDU, die nach wie vor auf viele unattraktiv wirkt. Auch vor 13 Jahren, als die Union der Dauerregierungspartei SPD die Macht entriss, gelang das nicht durch eigene Stärke. Es war ein gewisser Ronald Schill, der die SPD-Schwäche bei der inneren Sicherheit konsequent ausnutzte und von Beust zum Bürgermeister kürte. Heute fehlt ein solches Reizthema (noch), das eine Wechselstimmung erzeugen könnte. Und der Union fehlen die Bündnispartner. Aber Wersich hat einen langen Atem und ist Perspektivkandidat. Die nächste Bürgerschaftswahl findet 2020 statt.