Dietrich Wersich als Bürgermeisterkandidat nominiert. CDU in Umfragen bei 25 Prozent.
Hamburg. „Wir wollen im Jahr 2015 Hamburg wieder regieren. Dafür trete ich an.“ Es waren diese zwei, angesichts schwacher Umfragewerte sehr selbstbewussten Sätze, mit denen Dietrich Wersich sein erstes Statement nach seiner Kür zum CDU-Bürgermeisterkandidaten einleitete. Der Landesvorstand der Union hat den 50 Jahre alten Arzt, Theatermanager und jetzigen Bürgerschaftsoppositionschef am gestrigen Sonntag einstimmig als Herausforderer von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) nominiert. Am 15. Februar 2015 entscheiden die Hamburger, wer die Stadt bis 2020 regieren wird.
Dass der mit absoluter Mehrheit regierende Sozialdemokrat Wersichs Hauptangriffspunkt ist, zeigte sich schnell. „Olaf Scholz hat in seiner Rede vor dem Übersee-Club gesagt, er wolle die Folgen des Wachstums der Stadt bewältigen. Das reicht nicht“, sagte Wersich. Es gehe darum, Hamburg zu gestalten statt nur zu verwalten. Sonst drohe Stillstand. Es gebe „blasse Senatoren und auch wieder roten Filz“. Die SPD trete auf, „als ob ihr die Stadt schon wieder gehöre“.
Der Bürgermeisterkandidat, der noch von einem CDU-Parteitag gewählt werden muss, kündigte an, das CDU-Leitbild der Wachsenden Stadt „wieder zur Richtschnur machen“ zu wollen. Wersich nannte sechs Ziele, die er ins Zentrum seiner Kampagne rücken will:
Erstens gab der CDU-Politiker für die Wirtschaft die Losung „Hafen und Hightech“ aus. Es genüge nicht, allein auf die Entwicklung des Hafens zu setzen. Wersich sieht „Alarmzeichen“ in der ökonomischen Entwicklung der Stadt. Dazu zähle die sinkende Arbeitsproduktivität und die drohende Abwanderung von Unternehmen. „Wir brauchen einen Aufbruch“, so Wersich.
Zweitens nutzt der Christdemokrat unter dem Stichwort „Metropole des Wissens“ die aktuelle Diskussion über die mangelnde Qualität und Exzellenz der Hamburger Hochschulen. „Ich möchte nationale und internationale Wissenschaftsexperten einladen, um in einer Kommission Leitlinien für die Entwicklung der Hochschulen zu erarbeiten“, sagte Wersich. „Wir brauchen einen Politikwechsel, an dem alle Behörden mitarbeiten, nicht nur die Wissenschaftsbehörde.“ An der Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Wissenschaft soll drittens die Gründung von Unternehmen gefördert werden. „Wir brauchen eine Gründermentalität“, sagte der designierte Spitzenkandidat.
Als viertes Ziel will Wersich den „Infrastruktur- und Verkehrskollaps abwenden“. Er fordert die Einführung eines wirkungsvollen Baustellenmanagements („In Hamburg herrschst Stauchaos“) und den Stopp des umstrittenen Busbeschleunigungsprogramms, das der SPD-Senat gestartet hat. Wersich setzt auf einen „modernen Mobilitätsmix“ für Hamburg, ohne die von der CDU favorisierte Stadtbahn ausdrücklich zu erwähnen.
Wie Scholz auch will der CDU-Politiker fünftens den Sprung über die Elbe abschließen und den Sprung nach Osten starten. Dabei stehen die Stadtteile Hamm, Hammerbrook und Horn im Blickpunkt. „Wir wollen die Aufwertung dieser Viertel schaffen, ohne deren Bewohner zu verdrängen“. Schließlich geht es Wersich um die Steigerung von Vielfalt und Internationalität. In diesem Zusammenhang legte der CDU-Politiker erneut ein klares Bekenntnis zu einer Bewerbung Hamburgs um die Olympischen Spiele 2024 oder 2028 ab. „Es geht darum, sich etwas zuzutrauen und eine solche Jahrhundertchance zu ergreifen.“ Wersich vergaß nicht, eine Kernkompetenz der CDU zu betonen: die innere Sicherheit. Wegen steigender Kriminalitätszahlen und der von der SPD durchgesetzten Abschaffung des bezirklichen Ordnungsdienstes sei „der innere Frieden gefährdet“. Ihm gehe es darum, zu bewahren, was wichtig ist. „Jeder Hamburger hat einen Anspruch darauf , dass die Stadt sauber und sicher ist“, bekräftigte der CDU-Mann.
CDU-Landeschef Marcus Weinberg bezeichnete Wersichs Spitzenkandidatur als „richtige Wahl für die CDU, für die Hamburger und für Hamburg“. Den 50-Jährigen zeichne „hohe Kompetenz und besondere Leidenschaft“ aus. „Dietrich Wersich steht für eine liberale zukunftsorientierte Politik“, so Weinberg. Wersich, der in Hamburg geboren wurde und aufwuchs, arbeitete zehn Jahre lang als Allgemeinmediziner und war danach Geschäftsführer des Altonaer Theaters. Von 2004 bis 2011 war der Unions-Politiker zuerst Staatsrat, dann Gesundheits- und Sozialsenator und schließlich auch Schulsenator und Zweiter Bürgermeister.
Die CDU war bei der Bürgerschaftswahl 2011 auf 21,9 Prozent abgestürzt, während die SPD auf 48,4 Prozent kam und die Regierung übernahm. In Umfragen liegen die Sozialdemokraten derzeit bei 40 Prozent, während die Union unterhalb von 25 Prozent bleibt. Trotz der eher ernüchternden Zahlen gab sich Wersich zuversichtlich. „Wir werden nach der Bürgerschaftswahl offene politische Verhältnisse in Hamburg haben“, sagte der designierte Bürgermeisterkandidat. „Wir wollen in die Situation kommen, dass wir Verhandlungen über die künftige Regierung führen.“
Zu möglichen Koalitionen wollte sich Wersich nicht äußern. Eine Koalition mit der Alternative für Deutschland (AfD), die erstmals bei einer Bürgerschaftswahl antreten will, schloss der CDU-Mann aus. Die Partei sei eine direkte Konkurrenz der Union. „Eine Zusammenarbeit mit der AfD ist nicht denkbar“, sagte Wersich.