In Bergedorf entsteht der Energie-Campus. Ein starkes Signal zum richtigen Zeitpunkt
Es ist ein hehres Ziel: Hamburg soll zum Silicon Valley der Windenergie werden. So haben es zumindest die Macher des Energie-Campus formuliert, für den am Montag in Bergedorf der Grundstein gelegt wurde. Bereits Ende des Jahres sollen sich im Osten der Hansestadt Forscher und Unternehmer gemeinsam um die grüne Energiewende kümmern. Weg vom Atomstrom mit seinen unkalkulierbaren Risiken. Hin zu umweltfreundlichen, ressourcenschonenden Energiequellen. Und Hamburg ist mittendrin in diesem notwendigen, von der deutschen Politik forcierten Umbauprozess.
Schon heute spielt der Norden mit Hamburg als Zentrum die entscheidende Rolle in der Windkraft – der wohl wichtigsten grünen Energiequelle der Zukunft. Die ökonomische Bedeutung dieses Sektors in der Metropolregion ist bereits immens. Rund 25.000 Menschen, davon allein 15.000 in Hamburg, arbeiten in etwa 1500 Firmen am Ausbau der erneuerbaren Energien. Zwischen 2008 und 2012 ist die Zahl der Stellen allein in der Hansestadt um 5000 gewachsen. In den kommenden Jahren dürften nach Meinung von Experten rund 10.000 Arbeitsplätze dazukommen. Eine junge Branche wird ökonomisch immer wichtiger.
Die Stadt tut gut daran, diesen vergleichsweisen jungen Wirtschaftszweig auch finanziell zu unterstützen. Gerade in der Forschung befinden sich die regenerativen Energien noch in einem sehr frühen Stadium. Viele offene Fragen gilt es zu beantworten: Wie lässt sich die größte Menge Strom mit einem Windrad erzeugen? Wie kann man Schäden – vor allem bei Anlagen auf See – rechtzeitig erkennen? Wie lassen sich Geräusche der Windräder minimieren? Der Energie-Campus Bergedorf soll auf diese und andere Fragen Antworten geben und den grünen Technologien einen neuen Schub geben.
Gerade in einer Zeit, in der über die Kürzung von Windkraft-Subventionen und die Gefahr einer Auftragsflaute hitzig diskutiert wird, ist der Energie-Campus das richtige Signal. Denn an der grünen Energiewende führt kein Weg vorbei – trotz der vielen, zum Teil unangenehmen Nebengeräusche aus Politik und Wirtschaft. Hamburg tut gut daran, sich als das Wind-Kompetenzzentrum in Europa zu profilieren. Denn grüne Technologien werden nicht nur in Deutschland eine immer größere ökonomische Rolle spielen – sie entwickeln sich auch zum Exportschlager. Nicht nur die Bundesrepublik hat beschlossen, auf die Katastrophe von Fukushima zu reagieren. In ganz Europa, Asien, aber auch in Amerika schaut man mittlerweile sehr genau und zum Teil auch neidisch auf das immer grüner werdende Deutschland.
Allerdings müssen Politik und Wirtschaft aufpassen, dass die Energiewende nicht auf der Hälfte des Weges in der Sackgasse landet. Die endlose Diskussion über den notwendigen Ausbau der großen Stromtrassen von Nord- nach Süddeutschland, die Querschüsse der starken Kohlekraftlobby und die Prozesse sowie Einwände privater Bürger gegen den Bau von Windrädern oder Stromleitungen sind dem übergeordneten Ziel nicht gerade zuträglich. Neben exzellenten Forschern, innovativen Unternehmen und einer verlässlichen Politik braucht die Energiewende in Deutschland auch einen gesellschaftlichen Konsens bei der Antwort auf die wichtige Frage: Wie soll unsere Energie der Zukunft aussehen?
Die Katastrophe von Fukushima, die weltweit ungelöste atomare Endlagerproblematik und die Auswirkungen der CO2-Emissionen durch den Einsatz fossiler Brennstoffe auf die Umwelt lassen nur eine Antwort zu: Regenerative Energien sind die Zukunft. Und aus dem Silicon Valley der Windkraft in Bergedorf werden für diesen notwendigen Prozess sicherlich viele wichtige Impulse kommen.
Der Autor leitet das Wirtschaftsressort des Hamburger Abendblatts