Verfassungsschutzchef warnt vor Terror und mahnt die Polizei

Auf den ersten Blick ist es alles andere als überraschend: Der Chef des Verfassungsschutzes warnt vor Linksterrorismus. Die einen werden denken, das sei ja auch höchste Zeit angesichts all der Gewalt in den vergangenen Monaten; die anderen werden fragen, warum er angesichts der NSU-Morde denn nicht vor Rechtsterrorismus warne. Man sollte aber nicht allzu schnell urteilen: Denn Manfred Murcks Äußerungen sind ausgesprochen differenziert – und erstaunlich.

Denn er beschwört eben nicht pauschal eine „Gefahr von links“. Vielmehr beschreibt er mehrere Kleinstgruppen, die Gewalt – auch und gerade gegen Menschen – ausdrücklich als Mittel der „politischen“ Auseinandersetzung billigen. Er räumt ein, dass den Ermittlern jeglicher Zugang zu diesen Gruppen fehlt, und fürchtet, dass aus dieser unüberschaubaren Szene ein neuer Terrorismus entstehen könnte. Panikmache ist das nun wirklich nicht.

Richtig interessant wird Murcks Beschreibung der linken Szene – denn das verbindet er mit einer ziemlich deutlichen Kritik an der Hamburger Polizei. Er beschreibt autonome Gruppen, zum Beispiel das Umfeld der Roten Flora, die ausgiebig über akzeptable und inakzeptable Formen der Gewalt debattieren. Diese Weltsicht erlaubt dann während einer Demo einen Steinwurf gegen einen Schutzmontur tragenden Beamten – und verbietet einen Steinwurf in das Gesicht eines ungeschützten Polizisten in normaler Uniform.

Man mag solche Gewalt eben nicht grundsätzlich ausschließenden Definitionen für krude halten. Doch Murck hat recht, wenn er fordert, zwischen diesen Gruppen genau zu differenzieren. Und er hat auch recht, wenn er sagt, dass die Polizei dies zu oft nicht tue, sondern häufig alle Taten einer „linksautonomen Szene“ zurechnet. Doch diese Szene ist eben alles andere als homogen. Pauschale Urteile sind da nicht hilfreich. Denn eine kluge Politik muss natürlich zu verhindern suchen, die Gemäßigteren in die Arme der Radikalen zu treiben. Murcks Debattenbeitrag trägt also zur Versachlichung bei. Und das ist in der derzeit angespannten Atmosphäre ausgesprochen wohltuend.