Sollen Fahrräder zulasten der Autos mehr Platz erhalten?
Rund 100 Kilometer Radwege sollen in Hamburg in den nächsten Jahren gebaut oder saniert werden. Ob das viel oder wenig ist, dürfte je nach Interessenlage reichlich unterschiedlich bewertet werden. Mancher Autofahrer wird zuerst an Parkplätze denken, die wieder einmal wegfallen, an enge Fahrbahnen, auf denen nun die nervigen Radler auch noch einen eigenen Streifen bekommen.
Radfahrern sind die 100 Kilometer ein Flickwerk, das nichts richtig bringt – wenn man sie mit dem teils katastrophal schlechten Radewegenetz von insgesamt 1400 Kilometern vergleicht.
So richtig glücklich kann mit dem Ausbauprogramm niemand werden.
Warum also nicht mehr Mut, um das Thema Radfahren in Hamburg wirklich zu verbessern? Verkehrssenator Frank Horch mag ihn nicht aufbringen. Hamburg sei keine reine Fahrradstadt, sagt er. Eine Wirtschaftsmetropole muss funktionieren, heißt es immer wieder. Das Bild vom friedlich dahin radelnden Provinzler wird dann gerne aufgebaut. Nun, Münster oder Freiburg sind keine Städte, die darben. Kopenhagen mit einem Radverkehrsanteil von 40 Prozent auch nicht. Mehr Raum für Radfahrer heißt ja nicht, dass der Auto- und Lkw-Verkehr verbannt wird aus der Stadt. Die Forderung bedeutet eher eine entspannte Koexistenz – ohne dass Radler weggehupt werden oder Kraftfahrzeuge wie Geschosse an ihnen dicht vorbeipreschen. Mehr Tempo 30, mehr Radfahrstreifen, neue Radwege – das ist auch eine Art Verkehrsberuhigung, die Lebensqualität bringt. Ein Kriterium, das im Wettkampf der Städte um kluge Köpfe mehr bringen dürfte als freie Fahrt für den Kraftfahrzeugverkehr. Und zusätzliche Staus werden durch mehr Platz für Fahrräder schon gar nicht produziert.
In Wahrheit fährt der Autofahrer in Hamburg schon jetzt im Durchschnitt mit weniger als Tempo 25. Gas geben, halten, Gas geben – so sieht es tatsächlich aus. Tempo 25 – das schafft man mit dem Rad auch. Wenn nicht von allein, dann mit dem E-Bike, das zurzeit die deutsche Rad-Szene revolutioniert, weil es als angenehme Alternative von Berufspendlern entdeckt wird. Die Zahl der angemeldeten Pkw ist indes rückläufig. In Hamburg und anderen großen Städten jedenfalls.
Auch wenn es manche noch nicht so richtig bemerkt haben: Das Rad ist eben längst neben Bussen und Bahnen das Transportmittel der Zukunft. Zeit, das ihm mehr Platz gewährt wird.