Mehr Berufsorientierung nützt Schülern und der Wirtschaft
Wer heute als Jugendlicher schlecht oder recht auf einen mittleren Schulabschluss zusteuert, der ist in Bezug auf seine Zukunft oft vor allem eines: planlos. Nur ein Bruchteil der Abgänger beginnt gleich eine Ausbildung, der Rest vertrödelt seine Zeit in Warteschleifen. Sich gleich zu Beginn seines Berufslebens unerwünscht zu fühlen ist für den Einzelnen frustrierend. Für die Gesellschaft bedeutet es eine Verschwendung von Potenzial.
Mehr Berufsorientierung wollte bisher noch jeder Schulsenator. Neu ist allerdings die Konsequenz, mit der dieser Senat das Ziel verfolgt, für jeden Schulabgänger einen Anschluss zu finden. Die Jugendlichen müssen nicht nur Erfahrungen in der Arbeitswelt sammeln, sondern sich auch frühzeitig für eine Ausbildung entscheiden und dann bestmöglich darauf vorbereiten. Und wer nach dem Schulabschluss dennoch aus dem System fällt, der bekommt sogar Hausbesuch.
Man muss kein Prophet sein, um vorauszusehen, dass es Streit geben wird um den Unterrichtsstoff, der zugunsten der stärkeren Berufsorientierung gestrichen werden muss. All diejenigen, die dadurch einen Nachteil gegenüber den Abiturienten an Gymnasien sehen, sollten aber bedenken, dass die Stadtteilschüler nach der zehnten Klasse ein ganzes Jahr mehr Zeit haben auf dem Weg zum Abitur. Es stimmt: Auf die Stadtteilschulen, die schon jetzt allerhand zu bewältigen haben, kommt mit dem neuen Konzept eine weitere Aufgabe zu. Doch die Berufsorientierung gehört ganz wesentlich zu ihrem Profil. Verstärkt man dies, werden auch die Stadtteilschulen stärker.
Am Ende wird es auch auf die Wirtschaft entscheidend ankommen. Fast 6000 Schüler eines Jahrgangs in qualifizierten Praktika unterzubringen, bei denen sie tatsächlich einen realistischen Einblick in das jeweilige Arbeitsfeld erhalten, ist eine Herausforderung. Doch die Wirtschaft selbst hat viel zu gewinnen. Wenn die Schulabgänger eine besser fundierte Berufswahl treffen, dürfte die Zahl derjenigen, die später ihre Ausbildung abbrechen, sinken. Vor allem aber werden gut vorbereitete, motivierte junge Leute angesichts des Fachkräftemangels für die Betriebe immer wichtiger.