Günther Jauch und Harald Schmidt sind auf neuen Sendern zu sehen, stehen jedoch vor höchst unterschiedlichen Herausforderungen
Die Frage, wie Günther Jauch und Harald Schmidt nun wirklich zueinander stehen, bleibt einstweilen ungeklärt. Kürzlich war es der "FAZ" gelungen, aus Schmidt den Satz herauszukitzeln, er sei mit Jauch "befreundet". Als das Blatt dann wissen wollte, wie eng diese Freundschaft denn sei, antwortete der Late-Night-Moderator: "Wir haben keinen Kontakt. Aber wir segeln im selben Ozean." Ah, ja ...
Vor den Fernsehkameras harmonieren die beiden jedenfalls ganz wunderbar. Wenn Jauch bei Schmidts Late-Night-Show vorbeischaut, führt dies stets zu höchst amüsanten Wortgefechten. Das gilt natürlich auch umgekehrt, wenn Schmidt zu Gast bei Jauchs Prominenten-Special von "Wer wird Millionär?" ist. "Können Sie sich vorstellen, worauf ich bei Ihnen neidisch bin?", fragte Jauch bei einer solchen Gelegenheit. "Auf mein Einkommen?", entgegnete Schmidt. "Nein", beschied ihn Jauch, "da müsste ich mich ja sehr einschränken."
Eine gemeinsame Sendung der beiden wäre ausgesprochen wünschenswert. Allein, es wird sie vermutlich nie geben. Der eine hat nämlich schon seit geraumer Zeit seine Berufung entdeckt. Der andere glaubt, sie nun gefunden zu haben. Schmidt macht seit 1995 Late Night. Er wird in diesem Leben vermutlich nichts anderes mehr tun. Schmidt ist der einzige Deutsche, der dieses Format beherrscht. Es ist dabei völlig gleichgültig, ob er bei Sat.1, dem Ersten oder im Offenen Kanal sendet. Schmidt ist Schmidt, egal ob man ihm einen Pocher, Andrack, Zerlett oder überhaupt niemanden zur Seite stellt. Insofern ist es keine große Sache, dass er vom kommenden Dienstag an wieder bei Sat.1 zu sehen ist.
Der Fall Jauch verhält sich dagegen völlig anders. Sein neuer Polit-Talk im Ersten wird für seine Karriere - so oder so - einen Einschnitt bedeuten. Im günstigsten Fall wird der Deutschen beliebtester Moderator unter Beweis stellen, dass er das Metier, zu dem er sich berufen fühlt, auch wirklich beherrscht. Jauch ist zwar gelernter Journalist. Seine gigantische Karriere hat er aber der Unterhaltung und dem mit ihr - zumindest im Fernsehen - verschwisterten Sportjournalismus zu verdanken. Auch das von ihm gegründete "Stern TV" war unter dem Moderator Jauch kein seriöses Politikmagazin, sondern - nun, ja - allenfalls gehobener Boulevard.
Jauch geht mit seiner neuen Talkshow im Ersten also ein echtes Risiko ein. Erschwerend kommt hinzu, dass seine Fallhöhe gewaltig ist. Wenn die Deutschen könnten, würden sie den Moderator zum Bundespräsidenten wählen. Scheitern ist bei einem wie Jauch als Option einfach nicht vorgesehen.
Was dagegenspricht, dass sein neuer Talk ein Flop wird, ist Jauchs ungeheure Professionalität. Dass er an Selbstüberschätzung leidet, ist nicht bekannt. Auch übertriebene Eitelkeit kann man Jauch kaum zum Vorwurf machen. Er müsste seine eigenen Fähigkeiten realistisch einschätzen können. Vermutlich ist die Überzeugung, auch einen seriösen Polit-Talk moderieren zu können, die viele Unterhaltungsmoderatoren beseelt, im Fall von Jauch wirklich fundiert.
Von Harald Schmidt ist übrigens nicht bekannt, dass er jemals Ambitionen gehabt hätte, ins politische Fach zu wechseln. Das würde nicht zu ihm passen. Wie gesagt: Schmidt ist Schmidt. Als Moderator von "Verstehen Sie Spaß?" war er auf geradezu groteske Weise fehlbesetzt. Schmidt wollte nie der Liebling der Massen sein: Mal überfordert er seine Zuschauer mit Hochkultur, dann verschreckt er sie mit Zoten. Die Kunstfigur des "Dirty Harry" pflegt er mit Hingabe. So ist es ihm gelungen, sich eine Nische zu schaffen, die ihm niemand streitig machen kann.
Dennoch kann auch Schmidt bei Sat.1 scheitern, sollte der Sender ihm absurde Quotenvorgaben machen. Aber mit seiner Late-Night-Show dürfte er irgendwo anders mit Sicherheit wieder unterkommen. Und sollte Günther Jauch mit seinem Polit-Talk doch Schiffbruch erleiden, bei Harald Schmidt wäre wohl noch ein Platz für ihn frei - zumindest als Sidekick.