Hamburg/Rostock. Seit Beginn des Ukraine-Krieges sei das Risiko einer Ölpest stark gestiegen. Jetzt gab es eine Aktion vor einem besonders gefährdeten Seebad.

„Oil kills“ (Öl tötet), stand auf dem Banner, das am Mittwoch zehn Aktivistinnen und Aktivisten von Greenpeace auf Schlauchbooten vor Rostock-Warnemünde entrollten. Wie die Umweltschutzorganisation mitteilte, galt die Protestaktion dem Tanker „Seagull“, der gerade das Ostseebad passierte. Das 2003 gebaute Schiff hatte russisches Rohöl geladen – und ist laut Greenpeace durch technische Mängel aufgefallen.

„Die deutschen Küsten sind bedroht, allein heute fahren hier vier weitere dieser potenziellen Ölkatastrophen entlang und bedrohen Seevögel, Schweinswale und das gesamte Ökosystem“, wurde Meeresbiologe Thilo Maack in der Mitteilung zitiert.

Greenpeace: Russland schickt alte und unterversicherte Öltanker auf die Ostsee

Erst am Dienstag hatte Greenpeace eine Recherche veröffentlicht, wonach russische Ölexporte mit veralteten Tankern die deutsche Ostseeküste – und namentlich Warnemünde – gefährden. Das Risiko einer Ölkatastrophe sei seit Beginn des Ukraine-Krieges und Inkrafttreten der Sanktionen gegen Russland stark gestiegen.

Greenpeace wertete für die Recherche Schiffsdaten von 2021 bis 2024 aus. Zudem wurden entlang der Tankerrouten GPS-Bojen ausgesetzt, um die möglichen Folgen einer Ölpest zu simulieren. 

GPS Buoys Simulate Oil Spill after Potential Accident in the Baltic Sea
GPS-Bojen simulieren Ölpest nach möglichem Unfall in der Ostsee
Mithilfe von GPS-Bojen simulierte die Umweltschutzorganisation Greenpeace die Folgen einer möglichen Ölpest durch russische Tanker. © Greenpeace | Florian Manz

Seitdem die EU den Import russischen Öls gestoppt habe, verschiffe Russland mehr Rohöl per Schiff, hält Greenpeace in dem Recherchebericht fest. Ein Sanktionspaket der G7-Staaten verbiete westlichen Reedereien und Schiffsversicherungen jedoch, sich an russischen Rohölexporten über 60 Dollar pro Barrel zu beteiligen. Russland umgehe diese Sanktionen, indem es Schiffe anderer Reedereien mit anderen Versicherungen für seine Exporte nutze.

Diese Schiffe der sogenannten Schattenflotte seien oft alt und in schlechtem Zustand. Viele Tanker sind laut Greenpeace zudem unzureichend versichert, sodass unklar ist, wer im Ernstfall für Schäden aufkommt. Vor der deutschen Ostseeküste passieren die Tanker demnach besonders gefährliches Fahrwasser: die sogenannte Kadetrinne, ein System tiefer Rinnen am Meeresgrund.

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Der Recherche zufolge haben die Fahrten von Rohöltankern von den russischen Ostseehäfen entlang der deutschen Ostseeküste seit Januar 2021 um 70 Prozent zugenommen. Der gesamte Schiffsverkehr auf dieser Route sei hingegen seit Kriegsbeginn rückläufig. Gleichzeitig erhöhte sich demnach das Durchschnittsalter der eingesetzten Rohöltanker von 8,9 Jahren im Jahr 2021 auf 16,6 Jahre im Jahr 2024.

Greenpeace: Fehmarn, Warnemünde und Damp besonders gefährdet

An einzelnen Tagen seien bis zu drei große Öltanker gleichzeitig vor der deutschen Küste beobachtet worden, diese könnten zusammen bis zu 328.000 Tonnen Öl transportieren. Dabei fahren die Schiffe laut Greenpeace ohne ortskundige Unterstützung wie Lotsen durch die sensiblen Gebiete. Käme es hier zu einer Havarie, wären der Recherche zufolge die Inseln Fehmarn sowie die Ostseebäder Warnemünde und Damp von einer Ölpest bedroht. 

Die Umweltschutzorganisation forderte die Bundesregierung zum Handeln auf, „bevor es zu einem Unglück kommt“. Notwendig seien „eine Lotsenpflicht für eine sichere Passage durch viel befahrene Routen, ein ausreichender Versicherungsschutz der Tanker und Belege für ihre Seetauglichkeit“, erklärte Nina Noelle von Greenpeace.