Pasewalk. Zehn Jahre alte Tina wurde in erbärmlichem Zustand nachts in der Toilette eines Regionalzugs entdeckt. Wie der Fall weiterging.
Es war eine traurige Geschichte, die selbst für hartgesottene Tierschützer nicht so leicht zu verdauen war: Ende November wurde nachts auf der Zugtoilette eines Regionalexpress' in Mecklenburg-Vorpommern eine Hündin ausgesetzt. Eine Zugbegleiterin entdeckte das bemitleidenswerte Tier, das neben einer Zettelbotschaft, einer Hundedecke und ein wenig Trockenfutter angeleint war, und übergab es in Pasewalk der Bundespolizei. Diese vermittelte das Beagle-Weibchen an die Tierrettung Greifswald e.V., die Tina wiederum dem Partnerverein "Zweite Chance für Hunde" anvertraute.
Beagle Tina darf auf neues Zuhause hoffen
Und pünktlich zum Weihnachtsfest hat eben jener Verein nun erfolgreich an einem vorläufigen Happy End für die etwa zehn Jahre alte Hündin gearbeitet. Denn nach medizinischer Versorgung hat Tina ein neues Herrchen und Frauchen aus einem Nachbarort in Aussicht – nach erstem Beschnuppern kommt das Tier dort über die Feiertage zum Probewohnen bei dem Paar und ihren je zwei Hunden und Katzen unter. "Ich hoffe, dass sie dort schon einen schönen Heiligabend haben kann", sagt Susanne Jacobs von "Zweite Chance für Hunde".
Der Verein hatte mehr als 1700 Euro für die umfangreiche Behandlung inklusive Impfung der ausgesetzten Hündin aufgebracht, auch dank einiger Spenden. Einen großen Teil steuerte die Bundespolizei bei, deren Pasewalker Beamten Tinas Schicksal derart ans Herz ging, dass sie einen eigenen Spendenaufruf starteten – am Ende kamen 405 Euro zusammen. Außerdem schnürten die Polizisten ein Weihnachtspaket mit einer kompletten Erstausrüstung für die neuen Halter.
Tierschützerin über Hündin: "Das war erbärmlich"
Strafrechtlich ist der Fall indes noch nicht abgeschlossen, nach einer Anzeige des Tierschutzvereins gegen Unbekannt ist er über Pasewalk inzwischen zum Veterinäramt im brandenburgischen Angermünde gewandert. Dieses wird gegebenenfalls ein Gerichtsverfahren gegen die letzten Besitzer von Tina anstrengen, an dessen Ende eine Geldstrafe oder auch ein Tierhalteverbot stehen könnten. Susanne Jacobs hofft jedenfalls auf eine gerechte Strafe für die ehemaligen Halter, die sie selbst innerhalb weniger Tage bereits ausfindig machen konnte. "Ich kenne Ross und Reiter", sagt sie, "ich werde dranbleiben."
Zu sehr hat auch Jacobs Tinas Schicksal gepackt. "Das ging mir natürlich nahe, dass man ein Tier einfach wegwirft. Die Hündin wurde auf der Toilette entsorgt", sagt sie. Dass Vierbeiner auch in Zügen ausgesetzt werden, sei zwar beileibe kein Einzelfall, doch bei Tina besonders heftig gewesen. "Sie hat noch nie im Leben einen Tierarzt gesehen", sagt Jacobs. "Der Zustand der Zähne war katastrophal, sie hat gestunken aus dem Maul, das war erbärmlich." Außerdem mussten Tumore aus Gebärmutter und Gesäugeleiste operativ entfernt werden. Und wegen eines Rückenleidens werde Tina auch künftig physiotherapeutische Behandlung nötig haben.
"Aussetzen darf nicht zum Volkssport werden"
Generell kann Susanne Jacobs nicht nachvollziehen, dass augenscheinlich überforderte Halter nicht die Hilfe eines Tierschutzvereins beanspruchen, sondern ihre Vierbeiner lieber aussetzen. "Das darf nicht zum Volkssport werden", sagt sie. Was sie in Tinas Fall vor allem ärgert: "Hier wurde gar nicht nach Hilfe gesucht." Stattdessen hätten die Halter die Aktion regelrecht inszeniert.
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In ihren Augen habe es so aussehen sollen, als hätte ein Kind die Hündin im Zug ausgesetzt. „Hallo, ich heiße Tina, ich suche ein neues Zuhause. Ich beiße nicht, ich kann es nicht mehr bezahlen“, stand auf der in krakeliger Schrift verfassten Zettelbotschaft. Nun könnten die ehemaligen Besitzer im Nachhinein erst recht bezahlen müssen – für ihren Anteil am traurigen Schicksal der Beagle-Hündin.