Berlin. Bei Markus Lanz sprechen Experten über die Aussichten der Nationalmannschaft bei der EM und wie der Sport politisch instrumentalisiert wird.

Die Fußball-EM ist in Deutschland derzeit das beherrschende Thema. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass das Treiben auf und neben dem Platz derzeit auch in den abendlichen Talkshows beleuchtet wird. So auch bei Markus Lanz, der sich am Dienstagabend die CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler, den ehemaligen Fußballtrainer Ewald Lienen. Die Sportmoderatorin Anna Kraft und den Journalisten Hajo Schumacher von der Funke Mediengruppe, zu der auch dieses Portal gehört, eingeladen hatte.

Der ehemalige Trainer Ewald Lienen bremste zunächst die Euphorie ein wenig, in dem er behauptete, „gegen die großen Mannschaften haben wir keine Chance.“ Mit vielen taktischen Erklärungen untermauerte er dann auch seine Aussage. Hajo Schumacher hält dagegen und sagt, dass er bisher bei diesem Turnier nur die Spanier als „große“ Mannschaft wahrgenommen habe. „Die Konkurrenz ist jetzt nicht so riesig“, so Schumacher. Gleichzeitig habe er großen Respekt vor Julian Nagelsmann, der in nur einem Jahr aus einer „Trümmertruppe“ auch mit mutigen Entscheidungen eine Mannschaft geformt habe.

Güler: „Sie beten, dass diese Mannschaft rausfliegt“

Schumacher sprach auch den identitätsstiftenden Charakter der Mannschaft an. Hintergrund ist eine umstrittene ARD-Umfrage für die WDR-Sendung „Sport Inside“, in der jeder Fünfte angab, dass er es besser fände, wenn wieder mehr weiße Spieler in der DFB-Elf spielten und es demnach 17 Prozent der Deutschen schade finden, dass der DFB-Kapitän türkische Wurzeln habe. Er bezeichnet die jetzige Mannschaft als ein „Spiegelbild des modernen Deutschlands“, wo Hautfarbe oder Abstammungen keine Rolle mehr spielt, sondern wo die Leute mehr interessiere, welche Leistung auf dem Platz abgeliefert wird. „Und wenn die Rechten finden, dass das eine furchtbare, woke Multikultitruppe ist, dann kann ich nur sagen, jeder Sieg zählt.“

„Ich würde fast die Wette eingehen, dass die selbst ernannten Patrioten – AfD – fast täglich dafür beten, dass diese Nationalmannschaft rausfliegt, damit sie dann sagen können: Seht ihr, das sind keine echten Deutschen, deswegen sind wir rausgeflogen“, so die Politikerin Serap Güler vor dem Hintergrund, dass die Nationalmannschaft auch von rechten Kreisen politisch instrumentalisiert wird. „Dann müssen wir ins Finale“, untermauerte Schumacher noch mal seine vorherige Aussage.

Mannschaften werden politisch instrumentalisiert

Das Phänomen, dass Spieler oder ganze Mannschaften politisch instrumentalisiert werden, gebe es jedoch auch in anderen Ländern, so Schumacher. „Das ist eine politische Europameisterschaft“, sagt er auch vor dem Hintergrund der Aussagen von Frankreichs Star Kylian Mbappé zu den anstehenden Neuwahlen in seinem Land oder einer ukrainischen Mannschaft, in deren Land Krieg herrsche. Dabei müsse man auch beachten, dass bei dieser EM noch nie so viele Mannschaften aus dem ehemaligen Jugoslawien teilnehmen, „deren Väter vor 30 Jahren noch aufeinander geschossen haben.“ Dass sie heute „vernünftig gegeneinander Fußball spielen“, sei ein gutes Zeichen, da es in der Vergangenheit auch andere Szenen in Stadien gegeben habe, wenn die Mannschaften aufeinandertrafen.

Serap Güler gibt schließlich zu bedenken, dass es naiv sei, zu denken, dass Fußball nie nicht politisch gewesen sei.