Berlin. Queerpunkfilmer Bruce LaBruce verlegt „Teorema“ ins heutige London. Die Sexsatire „The Visitor“ schockt aber nur mit Oberflächenreizen.
An der Themse in London wird ein großer Koffer angeschwemmt, dem entsteigt ein muskulöser Nackter (der Berliner Performancekünstler Bishop Black). Der Namenlose ist einer von vielen afrikanischen Geflüchteten, gegen die in Großbritannien seit geraumer Zeit Stimmung gemacht wird. Über Umwege landet er bei einer verstockten weißen Oberschichtsfamilie, die der Fremde nach und nach verführt und sexuell befreit, mit allem Drum, Dran und Drin, und ihr bigottes Selbstverständnis infrage stellt.
Lauter Körperflüssigkeiten und Exkremente
Mit „The Visitor“ verneigt sich der kanadische Queerpunkfilmer Bruce LaBruce, inzwischen auch schon 60, vor einem seiner großen Vorbilder, Pier Paolo Pasolini, und dessen „Teorema – Geometrie der Liebe“ von 1968, in dem ein mysteriöser junger Mann bei einer bürgerlichen Familie auftaucht und nacheinander jedes Mitglied verführt.
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Längst ist der Skandalfilm zum Klassiker gereift, der sogar für die Opernbühne adaptiert wurde. LaBruce gibt ihm nun ein mit Agitprop aufgeladenes und sehr explizites Update, das er ins heutige London verlagert und dabei im Namen vermeintlicher Subversivität die Grenzen des Zeigbaren auslotet. Körperflüssigkeiten und Exkremente aller Art inklusive.
Viel Sex, viel Techno, aber wenig Neues
Subtil war der Undergroundfilmer noch nie, auch nicht bei seinen in Berlin entstandenen Trashfilmen wie der RAF-Satire „The Raspberry Reich“ oder der Zombie-Sexploitation „Otto, Or Up with Dead People“, die in den Nuller Jahren entstanden.
Aber selten langweilte er so wie hier. Pasolinis gesellschaftskritischer Anordnung hat er in diesem als Videoinstallation konzipierten Werk nichts Neues hinzuzufügen, von expliziten Oberflächenreizen, Techno-Soundtrack und pseudoprovokanten Politphrasen abgesehen, aber die kennt man aus LaBruces Schaffen inzwischen zur Genüge. Ein Skandal ist daran allenfalls, wie unfassbar plump und öde das alles ist.
Sexsatire, Großbritannien 2024, 101 min., von Bruce LaBruce, mit Bishop Black, Macklin Kowal, Amy Kingsmill