Berlin. Bei „Hart aber fair“ diskutierten ein Israeli und ein Deutsch-Palästinenser über den Nahost-Konflikt. Ging das gut? Sehr gut sogar!

Israel steckt im Krieg gegen die Hamas in einem Dilemma. Einerseits muss es nach der bestialischen Attacke der Organisation reagieren. Andererseits tötet die Gegenoffensive der israelischen Armee viele Menschen. Auch diese Bilder gehen um die Welt. Und dann sind da auch die mehr als 200 Geiseln, deren Schicksal bedacht werden muss.

Die Lage war am Montagabend bei „Hart aber fair“ das Thema. „Kann das Sterben in Nahost gestoppt werden?“, war die Sendung überschrieben.

„Hart aber fair“: Diese Gäste waren am Montag dabei

  • Gerhart Baum, ehemaliger Innenminister und FDP-Politiker
  • Lamya Kaddor, Grünen-Politikerin und Islamwissenschaftlerin
  • Shimon Stein, früherer Israelischer Botschafter in Deutschland
  • Peter Neumann, Sicherheitsexperte
  • Aref Hajjaj, Vorsitzender des Palästina-Forums Bonn

Zunächst beschäftigte sich die Runde mit dem Stand der Bodenoffensive. Wird sie noch deutlich ausgeweitet werden? Der Sicherheitsforscher Peter Neumann war skeptisch. Er schätzte, dass es vorerst weiter eher kleine Angriffe geben werde. Ziel der israelischen Armee sei gegenwärtig, das Areal auszukundschaften und Führer der Hamas auszuschalten. „Die Haupstoßrichtung ist aus der Luft“, sagte Neumann.

Bodenoffensive: Keine eindeutige Zustimmung mehr in Israel

In Israel dreht sich derweil die Haltung zum Vorgehen in Gaza. War am Anfang eine klare Mehrheit für eine Bodenoffensive, sind es jetzt etwa 50 Prozent, berichtete Shimon Stein.

Ein wichtiger Faktor sei das Schicksal der Geiseln. Diese sollten jetzt höchste Priorität haben; mehr noch, als die Hamas zu zerschlagen, forderte der frühere israelische Botschafter in Deutschland. Und stellte mit Blick auf den Terrorangriff der Hamas fest: „Das Militär und die Politik haben versagt.“.

Hajjaj sieht „Hang zur Rache“

Die palästinensische Perspektive nahm Aref Hajjaj ein. „Hamas hat nicht für die Palästinenser gehandelt“, stellte der Publizist klar. Das Vorgehen sei eine Schande. Zugleich kritisierte Hajjaj die Reaktion Israels. „Die meisten Opfer in Gaza sind Kinder, Zivilisten. Es sterben Tausende“, sagte Hajjaj. Und legte nach: Auf ihn wirke es, als ob die Bodenoffensive von einem „Hang zur Rache“ getrieben sei. „Diese kollektive Bestrafung muss enden“, forderte er.

Das Leid im Gazastreifen ist immens, doch sprang Hajjaj mit seiner Forderung dennoch zu kurz. Denn wie soll Israel sich verteidigen, wenn die Hamas die Bevölkerung als menschliche Schutzschilde missbraucht? Einen handfesten Ausweg aus dem Dilemma konnte auch der Publizist nicht aufzeigen. Sein Weg: Verhandlungen, auch um die Geiseln freizubekommen. Und danach?

Such nach einer dauerhaften Lösung

Es war wichtig, dass sich die Runde auch mit dieser Frage beschäftigte. Peter Neumann warnte davor, keinen Plan für die Zeit nach der Zerschlagung der Hamas zu haben. „Man muss das Vakuum füllen, sonst könnten Akteure übernehmen, die möglicherweise noch radikaler sind als Hamas“, mahnte der Terrorexperte unter Verweis auf die Erfahrungen der USA.

Shimon Stein gab zu bedenken, dass sich die israelische Armee wahrscheinlich beeilen müsse. Für die Zeit danach skizzierte er die Verhandlung einer Friedenslösung, die auch die arabischen Staaten einschließen müsse. „Israel wird anerkennen müssen, dass eine Annäherung an diese Staaten nur funktionieren kann, wenn die palästinensische Frage gelöst ist“, befand Stein.

Den Ansatz vertrat an anderer Stelle auch Lamya Kaddor. „Man muss die Türen für Gespräche offen halten“, sagte die Grünen-Abgeordnete mit Blick auf die arabischen Staaten. Am Ende müsse es eine Perspektive „für beide Völker geben“.

Das Fazit

Diese Ausgabe von „Hart aber fair“ produzierte jede Menge interessante Perspektiven. Das lag an einem ausgewogenen, sehr quirligen Panel, das einen klaren, aber stets respektvollen Austausch hinbekam.

Dabei zogen insbesondere Shimon Stein und Aref Hajjaj mit präzisen Argumenten in die Debatte hinein. Möglicherweise hätte es getragen, einzig dem Zwiegespräch dieser beiden Gästen zuzuhören.

Zur Ausgabe von „Hart aber fair“ in der ARD-Mediathek