Hamburg. Sportschau-Moderator: „Fußball ist auf dem Weg, sich selbst zu entzaubern.“ Reinhold Beckmann äußert sich mit markigen Worten.

Der scheidende „Sportschau“-Moderator Reinhold Beckmann sieht Gefahren für den Fußball-Boom. In einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt (Sonnabend-Ausgabe) kritisierte der ARD-Journalist vor allem die Geldflüsse im Profifußball: „Durch den neuen TV-Vertrag kommt noch mehr Geld ins Spiel. Viel zu viel wird durchgereicht an die Spieler und ihre Berater. Kein Wunder, dass immer mehr Fans denken, dass es nur noch um die Kohle geht.“

Beckmann wird an diesem Sonnabend zum letzten Mal die „Sportschau“ moderieren, knapp 30 Jahre nach seiner ersten Moderation bei der WDR-Sendung „Sport im Westen“.

Kritik am Confed-Cup

Beckmann kritisierte auch Uefa und Fifa. Die großen Verbände müssten den Spielkalender ausdünnen: „Wettbewerbe wie der Confed-Cup oder die neue unnötige Nations League müssen weg.“ Die „körperliche Erschöpfung großer Teams“ sei inzwischen unübersehbar: „Die Stars sind leergespielt, nur deshalb haben kleinen Mannschaften wie Island plötzlich Oberwasser.“ Insgesamt sei der Fußball „auf dem Weg sich selbst zu entzaubern und merkt es nicht.“

Dies könne dazu führen, dass sich immer mehr Fans abwenden: „Sie wollen nicht Bestandteil eines Geschäfts sein, das nur noch der Kontoerweiterung der Spieler und ihrer Agenten dient.“ Die Übersättigung habe auch dazu geführt, dass selbst ein Freundschaftsspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen England in Dortmund (Abschied von Lukas Podolski) nicht mehr ausverkauft sei: „Die Fans spüren, dass die die Stars ab der 70. Minute vor allem einen Gedanken haben: Wie komme ich hier heil raus, um am Wochenende für meinen Verein spielen zu können.“

TV-Kommentatoren sollten sich norddeutsch zurückhalten

Beckmann lobte insgesamt den Wandel der Moderatorensprache im Fernsehen: „Wir haben früher viel angedrehter gesprochen, das machen wir nicht mehr, zum Glück.“ Zugleich aber sei man „oft zu leichtfertig, Spieler bei jeder Gelegenheit einen Lorbeerkranz aufzusetzen“. Als Beispiel nannte Beckmann die Übertragung des Champions-League-Spiels zwischen Real Madrid und dem FC Bayern München: „Da wurden Boateng und Hummels nach 45 Minuten in den Heldenstand gehoben, nur weil sie leicht angeschlagen durchgehalten haben. Da ist mir ein bisschen norddeutsche Zurückhaltung lieber.“

Beckmann will sich nach seinem Abschied von der „Sportschau“ – den Entschluss hatte der Moderator bereits vor zwei Jahren gefasst – stärker auf eigene Projekte wie seine Reportagereihe „#Beckmann“ konzentrieren. Am 9. Mai (22:45 Uhr) läuft hier die nächste Folge mit dem Thema „Frauen und die Macht: Julia Klöckner, Manuela Schwesig und Sahra Wagenknecht".