Hamburg. Hamburgs Erster Bürgermeister sprach am Sonntag in der ARD-Talkshow unaufgeregt und souverän zum Thema kriminelle Zuwanderer.

Talkshows und Olaf Scholz - das gibt es nicht oft zusammen. Der Hamburger Bürgermeister ist zwar gern eingeladener, aber selten gesehener Gast in den Politik-Runden des deutschen TV. Umso bemerkenswerter war es, dass er zum Auftakt des Talkshow-Jahres am Sonntagabend bei Anne Will saß. Und das zu einem Thema, bei dem einem nicht sofort der Regierungschef der Hansestadt einfällt.

Zu Scholz passen Talkshows im TV etwa so gut wie vertrauliche Runden zum omnipräsenten Unions-Politiker Wolfgang Bosbach. Der Bürgermeister spricht lieber vor 300 oder 400 echten Menschen in seinen Bürgersprechstunden als vor ein paar Millionen, die er nicht sehen, auf deren Reaktionen und Fragen er nicht eingehen kann. Nicht nur deshalb war es eine Überraschung, Scholz am Sonntagabend bei „Anne Will“ zu sehen. Sondern auch, weil er eine anstrengende Woche mit vier aufeinanderfolgenden Abenden in der Elbphilharmonie hinter sich und gerade jetzt kein Defizit an medialer Aufmerksamkeit hat. Zumindest in Hamburg nicht, wo die Beliebtheit des Regierungschefs mit der Eröffnung des Konzerthauses neue Höhen erreicht haben dürfte.

Olaf Scholz' Auftritt war professionell und souverän

Dass er trotzdem Wills Einladung annahm, im Anschluss an den „Tatort“ über den richtigen Umgang mit ausländischen Kriminellen, Geduldeten oder Ausreisepflichtigen zu diskutieren, ist in Hamburg entsprechend interessiert registriert worden. Der Auftritt war professionell und souverän. In Hamburg kennt man Scholz genauso, wie er sich in der ARD präsentierte: als Politiker, der die Lage im Griff hat, und der selbst in unsicheren Zeiten die Ruhe nicht verliert.

Wer den stellvertretenden SPD-Vorsitzenden nicht so gut oder noch aus seiner Zeit als Bundesarbeitsminister kennt, mag erstaunt gewesen sein über dessen Selbstbewusstsein und deutliche Ansagen. Über Sätze wie „Wenn irgendwo Probleme auftreten, müssen wir massiv dagegen halten“ oder „Unser klares, unmissverständliches Signal muss sein: Wir sind stärker, wir werden Recht und Ordnung durchsetzen“ . Gerade im direkten Vergleich mit Edmund Stoiber, dem ehemaligen und wie immer viel zu umständlich argumentierenden Ministerpräsidenten Bayerns, konnte Scholz punkten. Er erzielte sogar Lacher, als er Stoiber nach Hamburg einlud, in die zweitgrößte deutsche Stadt, in der es wie in Bayern „keine No-Go-Areas gibt".

Scholz sprach sich für die geplanten Verbesserungen von Gesetzen aus, die es möglich machen, straffällig gewordene Kriminelle schneller abzuschieben. „Wir müssen diese Fälle anders behandeln können als bisher.“ In Hamburg leben zur Zeit rund 5000 ausreisepflichtige Ausländer, von denen laut Scholz 1500 keine Papiere haben - man also nicht weiß, woher sie kommen. Während die anderen Diskutanten, vor allem die Grünen-Spitzenpolitikerin Simone Peter und eben Stoiber, im üblichen Talkshow-Hin-und-Her, also durcheinander, redeten, suchte Scholz seine Lücken - und fand sie, um seine Argumente behutsam zu begründen.

Scholz will den Maghreb zu sicheren Herkunftsstaaten erklären

Erstens: Algerien, Marokko und Tunesien müssen zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden, weil es aus diesen Staaten nur wenige erfolgreiche Asylgesuche gibt. Zweitens: „Wer das Asylrecht verteidigen will, muss den Bürgerinnen und Bürgern garantieren, dass dieses Asylrecht nicht missbraucht wird.“ Drittens: In der aufgeregten, aufgeheizten Debatte muss man Ruhe bewahren. „Ich bin ganz cool“, sagte der Bürgermeister auf eine entsprechende Frage von Anne Will, die zumindest zeitweise Probleme mit Scholz’ kurzer, präziser Art zu antworten hatte. Der Talkshow selbst tat sie gut.

Fazit: Es wird interessant zu beobachten sein, ob es bei diesem Ausflug von Olaf Scholz in die Talkshow-Welt bleibt. Oder ob der Hamburger Bürgermeister jetzt öfter im Fernsehen zu sehen wird — und wenn ja, was er damit bezweckt. Dass er dort bestehen kann, hat er an diesem Sonntag bewiesen.