Hamburg. Über 20 Jahre an der Seite von Jan Fedder: Die Schauspielerin Maria Ketikidou über das Großstadtrevier und Privates.
Erst einmal gab es Gelächter, als Maria Ketikidou zum Casting für das „Großstadtrevier“ antrat. „Statt der großen, kühlen Blonden wie Mareike stand da nun eine impulsive Griechin, die aussah wie ein giftgrüner Gartenzwerg“, beschreibt die 1,56 Meter große Schauspielerin den Moment, als sie in der damals noch grünen Polizeiuniform steckte und sich um eine Rolle bewarb. Mit dem Ausstieg von Mareike Carrière aus der Hamburger Polizeiserie war der Platz an der Seite von Jan Fedder im Streifenwagen freigeworden. „Jan und ich mochten uns auf Anhieb sehr gerne und spielten auch schön zusammen bei diesem Casting“, erinnert sich Ketikidou. „Nur als die Leute mich so sahen - in dieser grünen Uniform und mit diesem Größenunterschied - haben die sich einfach nur totgelacht.“
Mehr als 20 Jahre liegt das zurück – seit 1994 ist sie als Hariklia Möller, von allen nur „Harry“ genannt, zu sehen. Nicht als Streifenpolizistin in Uniform, sondern als Zivilfahnderin, ist sie im Einsatz, wenn den Kiez-Polizisten auf St. Pauli „große Haie, kleine Fische“ ins Netz gehen. Neben Fedder (61), seit der sechsten Staffel als Dirk Matthies dabei, gehört die in der achten Staffel eingestiegene Schauspielerin zu den Urgesteinen des Dauerbrenners im ARD-Vorabendprogramm. Seit 1986 läuft die Serie, für die 30. Staffel war im Frühjahr Drehstart.
St. Pauli: Polizisten als Sozialarbeiter
Über Polizeiarbeit weiß Ketikidou „doch relativ viel“. „Aber niemals genug“, sagt sie. „Ich versichere mich lieber dreifach bei den Kollegen, wie etwas geht oder wie man einen bestimmten Satz sagt, ob Funksprüche oder Abfragen richtig sind“, erzählt die 50-Jährige.
Die Schauspielerin, die auch in der ARD-Serie „Sterne des Süden“ (1992-1996) eine Hauptrolle hatte, liebt es, in einer Serie eine Figur über lange Zeit zu entwickeln. „Da durfte ich schon viele schöne Sachen spielen und bin meistens für die eher emotionaleren Sachen zuständig, denn Harry ist sicherlich ein Mensch mit ganz großer Empathie“, sagt sie. „Das sind dann Dinge, die ein bisschen tiefer gehen und ernsthafter sind.“
„Harry hatte Fehlgeburten, wurde zusammengeschlagen, hatte Lebenskrisen, wechselnde Partner, kein Privatleben - all diese schönen Sachen, die man spielen darf“, sagt Ketikidou. „Ohne dass wir dabei ins Triviale abrutschen, sondern oft auch sozialkritisch sind.“
Krise beim Großstadtrevier
Entscheidend für sie sind die Bücher: „Wenn du ein gutes Drehbuch hast, hast du schon mal drei Viertel der Miete.“ Das sei auch beim „Großstadtrevier“ nicht immer der Fall gewesen, etwa in jener Zeit, als sie eine berufliche Krise gehabt habe. „Als ich merkte, wir sind zu Sozialarbeitern mutiert, da passiert nichts für mich, ich bin weit unter meinen Möglichkeiten und langweile mich. Hätte sich das nicht wieder geändert, wäre ich gegangen.“Viele aus der Crew seien lange dabei, viele davon auch ihre Freunde, erzählt die Schauspielerin, die Hierarchien im Team nicht mag.
„Wir Schauspieler halten zwar unser Gesicht hin, aber die Arbeit der Leute hinter den Kameras ist genauso wichtig“, sagt Ketikidou. In anderen Produktionen wirkt sie selten mit, zuletzt im Kino etwa in „Soul Kitchen“ und im TV bei Fedders „Hafenpastor“.
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„Demnächst steht etwa ein Dreh für die „Pfefferkörner" an. Ich bin zugegebenermaßen aber auch niemand, der großartig viel akquiriert, andere sind da sehr viel aktiver“, erzählt sie. „Man muss sich ja auch Zeit nehmen, sein Privatleben zu pflegen und eine gewisse Seelenhygiene zu betreiben - und viel bleibt dafür nicht als Seriendarsteller.“
Die „Harry“ begleitet sie ohnehin auch darüber hinaus: „Es gibt Situationen, in denen ich mich darüber wundere, wie Fremde auf mich reagieren“, erzählt sie. „Meine Freunde sind es dann, die mich daran erinnern: „Mary, du unterschätzt das. Manche Menschen haben ein vorgefertigtes Bild von dir - aber so bist du gar nicht.“
"Ich habe immer auf mein Herz gehört"
Privates ist ihr wichtig. „Ich fahre jedes Jahr nach Griechenland, habe immer noch einen engen Bezug zu dem Land“, sagt die Tochter griechischer Einwanderer. „Leider ist meine Oma im vergangenen Jahr gestorben, und ich merke, wie dadurch vieles weggebrochen ist, was ich mit Heimat oder Griechenland verbinde. Ich merke, das hängt gar nicht von dem Land ab, sondern von den Menschen, die man liebt.“ Wie ihre Eltern lebt sie, die als Jugendliche im Radio gehört hatte, dass für einen Film ein Mädchen gesucht wurde, und so zu ihrer ersten Rolle kam, in Hamburg.
An einen Abschied von der Serie, die montags (18.50 Uhr) knapp zehn Prozent Marktanteil erreicht, denkt sie nicht. „In dem Moment, wo ich mich wohlfühle im Arbeitsumfeld und eine gewisse Sicherheit und Spaß an dem Beruf habe, stelle ich das nicht infrage“, sagt sie. „Ich habe da immer auf mein Herz gehört.“ Ketikidou: „Ich habe auch jetzt keinen Plan B, obwohl die Serie schon so lange geht.“