Hamburg. Seit 2007 moderiert die Hamburgerin die „Tagesthemen“. Das Abendblatt traf die 47 Jahre alte Nannen-Preisträgerin zum Interview.

Caren Miosga hustet. „Entschuldigung, ich habe eine Grippe hinter mir“, sagt sie mit leicht belegter Stimme, plaudert dann aber gleich gut gelaunt los. Donnerstagabend ist die „Tagesthemen“-Moderatorin mit einem neuen Format im NDR Fernsehen zu sehen: In „Caren Miosga interviewt ...“ tut sie das, was ohnehin zu ihren großen Stärken zählt: Menschen auf sehr intelligente Weise Fragen zu stellen – sodass die Zuschauer am Ende oft ein wenig klüger sind als vor dem Einschalten. Angesichts der vielen Talkformate im deutschen Fernsehen war es ohnehin ein Rätsel, warum ausgerechnet Miosga, 47, in dieser Funktion bislang nicht offensiver eingesetzt wurde. Warum die Sendung erst kurz vor Mitternacht ausgestrahlt wird, bleibt das Geheimnis des NDR.

Hamburger Abendblatt: Frau Miosga, wann hatten Sie die Idee zur neuen Talkshow?

Caren Miosga: Die Idee, gern auch mal längere Gespräche zu führen, arbeitet schon seit vielen Jahren in mir. Als Zuschauerin sehe ich solche Formate schon lange gern im Fernsehen. In intensiven Gesprächen erfährt man so viel mehr über Menschen als in den üblichen bestenfalls fünf, sechs Minuten Nachrichteninterviews, mit denen wir uns oftmals begnügen müssen. Als wir über ein Konzept für die Sendung nachdachten, fiel uns auf, dass diese Art des ausgeruhten Gesprächs in der Fernsehlandschaft viel zu kurz kommt.

Nun können Sie sich Ihren Gästen – oder auch nur einem Gast – eine volle halbe Stunde widmen. Worauf wird der Schwerpunkt der Sendung liegen?

Miosga : Wir wollen aktuell auf alles reagieren, was in dieser Woche politisches oder gesellschaftliches Gesprächsthema ist. Wir wollen relevant sein, nicht beliebig. In der ersten Folge wird die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen zu Gast sein; für die darauffolgende Woche treffen wir den Autor Benjamin von Stuckrad-Barre im Hotel Atlantic und reden mit ihm über sein Leben nach dem Bucherfolg.

Die Gäste kommen nicht ins Studio, Sie treffen sie in ihrem Umfeld?

Miosga : Nicht zwingend. Vielmehr wollen wir herausfinden, ob ein Gespräch besser wirkt in einem schlichten Studio, ohne Publikum, kammerspielartig. Oder ob man mehr erfährt über einen Gast, wenn man ihn in seiner vertrauten Umgebung aufsucht.

Was reizt Sie am meisten an dem neuen Talkformat? Interviews führen können Sie bei den „Tagesthemen“ ja zu genüge.

Miosga : Der größte Reiz liegt tatsächlich im persönlichen Gespräch mit einem Gegenüber. Wenn man sich beim Reden in die Augen sieht, hat man doch gleich eine ganz andere Gesprächsbasis als bei einer Schalte. Die Möglichkeit, auch über Mimik und Gestik mit jemandem zu kommunizieren, möchte ich voll ausnutzen.

Erinnern Sie sich an ein besonders geglücktes Interview in Ihrer Karriere?

Miosga : Ich habe mal den Betriebsratschef von Porsche interviewt, nicht unbedingt ein Mann der leisen Töne, eher naturwütend. Er ist schon nach wenigen Gesprächssekunden über mich hergefallen und hat die Medien insgesamt mit heftigen Formulierungen beschimpft. Ich musste nichts weiter tun, als ganz sachlich meine Fragen stellen – während er bei jeder Frage mehr und mehr ausgerastet ist.

Und wann ist es mal so richtig schiefgegangen?

Miosga : Puh, das hab ich schon einige Male erlebt. Eigentlich immer dann, wenn ich mit einem Politiker spreche, der eigentlich lieber nichts sagen will. Da könnte ich dann auch auf dem Tisch tanzen oder ins Chinesische wechseln – und von der Gegenseite würde nichts anderes kommen als die zurechtgelegten Floskeln. Nach so einem Gespräch sage ich dann auch zur Redaktion: „Das hätten wir uns echt sparen können.“

Sie haben vor wenigen Wochen in Hamburg den Nannen Preis vor Hunderten Journalisten moderiert. Sind Sie aufgeregt vor einem solchen Abend oder ist das Moderieren für Sie längst Routine?

Miosga : Bei den „Tagesthemen“ spreche ich ja zu Millionen Zuschauern, die ich gar nicht sehe. Die Aufregung hält sich dabei nach all den Jahren in diesem Beruf in Grenzen. Wenn ich aber eine Veranstaltung wie den Nannen Preis moderiere und vor leibhaftigen Menschen stehe, bin ich deutlich angespannter. Gleichzeitig war dieser Abend ein großes Vergnügen für mich. Es ging um ernste Themen – und diese dann aber unterhaltsam und ein bisschen hämisch zu verpacken, das ist eine herrliche Aufgabe. Ich nehme Moderationen dieser Art allerdings nur ein paar Mal im Jahr wahr.

Vermutlich auch aus Zeitgründen. Ihre „Tagesthemen“-Auftritte werden Sie aber für die neue Sendung nicht reduzieren, oder?

Miosga : Die „Tagesthemen“ bleiben von „Caren Miosga interviewt ...“ unberührt. Wir sehen das neue Format vor allem als Experiment. Wenn es allen – dem NDR, dem Produzenten Friedrich Küppersbusch, mir selbst und natürlich vor allem den Zuschauern – nach drei Sendungen gut gefällt, werden wir weitersehen. Wenn nicht, dann kommt etwas anderes.

Apropos anders: Freuen Sie sich auf die Rückkehr des Kollegen Ingo Zamperoni zu den „Tagesthemen“ im November?

Miosga : Das ist eine Art Heimkehr. Ingo Zamperoni hat ja schon vertretungsweise bei den „Tagesthemen“ gearbeitet, wir verstehen uns sehr gut. Große Freude also. Und gleichzeitig ist es schade, dass Thomas Roth die „Tagesthemen“ schon nach so kurzer Zeit wieder verlässt.

„Caren Miosga interviewt ...“, heute, 23.30 Uhr, NDR. Folge 2 am 19. Mai