Duell der Brüder erzählt die Geschichte von Adolf und Rudolf Dassler, die nach ihrem privaten Zerwürfniszwei Weltmarken gründeten.
1954, Berner Wankdorfstadion, es fängt an zu regnen. Nur noch Minuten bis zum Anpfiff. Adolf Dassler, der Zeugwart der deutschen Nationalmannschaft, stürmt in die Kabine, wo Sepp Herberger gerade Fritz Walter & Co. auf das WM-Finale gegen das hoch favorisierte Ungarn einschwört. „Jetzt hast du deine Chance“, sagt der von Schauern durchnässte Dassler triumphierend zum Bundestrainer, der, gefolgt vom Johlen der Mannschaft, ruft: „Okay, Adi. Stollen rauf!“ Und Dassler präpariert die Schuhe mit einem gewinnenden Blick, Paar für Paar.
Ein „emotionsgeladenes Familiendrama“ verspricht RTL mit der Erstausstrahlung des TV-Movies „Duell der Brüder“ am Karfreitag. Bei Szenen wie jenen vor dem WM-Endspiel hätte es wohl besser geheißen: ein pathosbeladenes. Dabei wird die über einen Zeitraum von 30 Jahren erzählte Geschichte der Brüder Adolf und Rudolf Dassler durchaus aufwendig erzählt. Die Ausstattung beweist viel Liebe zum Detail, historische Schuhmodelle wurden nachgearbeitet und Originalmaschinen aus Museen für die Kulisse benutzt.
Der Mythos um Adidas und Puma
Alles fängt 1924 mit der Eintragung der „Gebrüder Dassler Schuhfabrik“ in das Handelsregister an. Das Unternehmen in Herzogenaurach, das sich auf Sportschuhe spezialisiert, wächst schnell. Doch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kommt es zum Bruch zwischen den Brüdern. Sie gründen 1948 ihre eigenen Firmen, nur einige Hundert Meter voneinander entfernt: Adidas und Puma. Ihre Rivalität ist der Nährboden für einen gnadenlosen Wettkampf, der den Ort in der fränkischen Provinz spaltet. Herzogenaurach wird zur Hauptstadt des gesenkten Blicks. Nur wer das richtige Schuhwerk trägt, kommt als Trinkkumpan im Gasthaus oder als Partner fürs Leben infrage. Der Fluss Aurach teilt die verfeindeten Lager: Adidas und Puma.
Ken Duken mimt den Tüftler „Adi“ Dassler, der in der Waschküche der Schusterfamilie mit Leder und Klebstoff an leichten und weichen Schuhen bastelt. Torben Liebrecht spielt das Organisationstalent „Rudi“, das sich um den Verkauf kümmert. Warum es zum Zerwürfnis kommt, ist bis heute nicht aufgeklärt. Neid und Missgunst wuchsen mit dem Erfolg, der Krieg verstärkte die Spannungen.
Flirt oder Seitensprung in der Familie Dassler?
Dass die Ehefrauen Friedl und Käthe treibende Kräfte waren, ist eine beliebte Spekulation und wird im Film dankbar als Emotionsbeschleuniger aufgenommen. Hat Lebemann Rudi Adis Frau Käthe geschwängert? Oder blieb es nur beim Flirt? Regisseur Oliver Dommenget lässt den Zuschauer am Ende ratlos zurück.
Dass die Handlung auch sonst nicht immer den historischen Fakten standhält – geschenkt. Nervig wird es nur, wenn die ansprechenden Schauspielerleistungen den fehlenden Tiefgang der Handlung nicht ausgleichen können und zu aufdringliche Streicherbataillonen den Zuschauer permanent darauf hinweisen: Achtung, Dramatik!
Jesse Owens sprintete in Adidas zu Gold
Dabei braucht es angesichts der historischen Vorlage keine Übertreibung. Wie sich die Dassler-Brüder mit den Nazis arrangierten und dennoch den farbigen US-Amerikaner Jesse Owens 1936 vor Hitlers Augen in ihren Schuhen zu Gold laufen ließen, ist genauso spannend wie die Rolle von Adidasund Pumavor der WM 1954.
Mit den schraubbaren Stollenschuhen war das deutsche Team den Ungarn auf dem tiefen Rasen technisch weit voraus – und Rudolf Dassler dürfte sich sein Leben lang über seine fatale Fehleinschätzung ärgern. Als Herberger vor Turnierbeginn von ihm nicht nur das kostenfreie Material, sondern auch 1000 Mark monatlich forderte, warf ihn der Puma-Chef hochkant raus – und Herberger fuhr zu dessen Bruder. Bis heute ist Adidas der Ausrüster der Nationalmannschaft geblieben und belegt in der Liste der Top-Sportartikelhersteller mit 17 Milliarden Euro Umsatz Platz zwei hinter Nike. Puma liegt auf Platz fünf (3,4 Milliarden Euro).
Doku macht Brüder-Konflikt der Dasslers lebendig
Wie sich die Feindschaft auch auf spätere Generationen übertrug und warum Sportschuhe heute längst nicht mehr nur Athleten transportieren, sondern auch Image, zeigt die im Anschluss an den Film folgende und sehr gelungene Dokumentation „Die Sportsfeinde von Herzogenaurach“, mit vielen Gesprächspartnern wie Rudolf Dasslers Sohn Gerd, Adidas-Vorstand Herbert Hainer, Ex-Puma-Chef Zeitz und Sportgrößen wie Lothar Matthäus, der zum ersten Mal seinen Bruder Wolfgang bei der Arbeit besucht – natürlich auf dem Puma-Gelände.
Geheimnisse bleiben. Ob sich die Brüder nach der Trennung 1948 jemals wieder gesehen haben? Fest steht: Als Rudolf auf dem Sterbebett nach Adi verlangte, blieb dieser fern. Beide liegen auf dem heimischen Friedhof weit voneinander entfernt begraben.
Ein spätes Happy End hat die wahre Geschichte aber dann doch: Die offen ausgetragene, durch den Sport entstandende Feindschaft zwischen Adidas und Puma endete 2009 mit einem Freundschaftsspiel. Die Einwohner durften aufatmen: Endlich ist der Hass weg. Wie die Partie endete? 5:5. Hier brauchte es keinen Gewinner.
Duell der Brüder. Die Geschichte von Adidas und Puma. Fr, 25. März, 20.15, RTL Die Sportsfeinde von Herzogenaurach. Adidas gegen Puma. Fr., 25. März, 22.30, RTL