Pioniergerät, Flugzeuge, Hubschrauber: Der Film schildert, was aus der Nationalen Volksarmee und ihrem Militärarsenal wurde.

Als sie vor 25 Jahren unterging, hinterließ die DDR nicht nur einen Scherbenhaufen jahrzehntelanger Misswirtschaft und Planbürokratie. Die Wiedervereinigung sang auch das Sterbelied auf einen hochgerüsteten, modernen Militärstaat. 3000 Kampfpanzer befanden sich in den Beständen der Nationalen Volksarmee, 8000 gepanzerte Fahrzeuge, 100.000 Radfahrzeuge. Dazu Pioniergerät, Flugzeuge, Hubschrauber. 300.000 Tonnen Munition und 1,3 Millionen Landfeuerwaffen. Das alles verteilt auf 500 Standorte. Was sollte man damit anfangen?

In seiner interessanten Reportage „Was wurde aus der NVA?“, von der ARD leider auf einen späten Sendeplatz am Wochenanfang gesetzt, geht Reinhard Joksch der Frage nach, wo dieses Erbe landete. Er schildert die Schwierigkeiten, die sich zunächst daraus ergaben, das Arsenal überhaupt vollständig zu erfassen. Denn es stand ja nicht allein die Nationale Volksarmee unter Waffen, sondern auch etwa das Berliner Wachregiment oder die Kasernierte Volkspolizei. Im selben Maß, wie die Soziologie die DDR als „durchherrschtes Regime“ beschrieben hat, kann man sie auch als durchmilitarisiert beschreiben – erklärbar durch allgegenwärtiges Misstrauen und durch die Lage an der Demarkationslinie von Nato und Warschauer Pakt.

Wie sich also einen Überblick verschaffen? Kaum jemand kann das so anschaulich schildern wie Rainer Eppelmann. Der Minister für Abrüstung und Verteidigung im letzten Regierungskabinett der DDR verkörpert schon in seiner Eigenschaft als Bürgerrechtler und evangelischer Pfarrer den Bruch, der der auf Gehorsam beruhenden Militärkultur bevorstand. Er fand sich in Gesprächen mit Generälen und SED-Offizieren wieder und wusste nicht, was er glauben und wem er vertrauen sollte: „Ich fragte mich: Haben sie eine geballte Faust in der Tasche? Oder eine Handgranate?“

Denn natürlich ging es bei der NVA nicht nur um Abwicklung, Verkauf und Verschrottung von Gerät. 24.000 Berufsoffiziere standen in ihren Reihen, nur 7000 von ihnen wurden von der schrumpfenden Bundeswehr übernommen. Ein Milieu, dass sich vormals als elitär begriff, als eiserne Vorhut der sozialistischen Revolution, sah sich plötzlich mit Existenzsorgen konfrontiert. „Die NVA hatte zu viele Häuptlinge und zu wenig Indianer“, sagt Werner von Scheven, Generalleutnant a.D. der Bundeswehr. Es gehört zu den Wundern der Wende, dass deren Integration ohne schwerwiegende Konflikte gelang.

Die Reportage wendet sich dann der Marine zu, einem Prunkstück des DDR-Militärs. Zu besichtigen über Jahre hinweg im Hafen von Peenemünde, wo sich Schwalben auf den Kriegsschiffen ihre Nester bauten und Ölsperren gebaut werden mussten, um Umweltschäden zu verhindern. 192 Schiffseinheiten, davon 78 Kampfschiffe. Joksch zeichnet den Verkauf eines Teils davon an Indonesien nach und macht noch einmal die Aufregung spürbar, die sich damals darum entfachte: Die Zusicherung der Indonesier, die Schiffe lediglich im Kampf gegen Piraterie einzusetzen und die Skepsis der Waffenexportgegner angesichts dessen – die sich später als berechtigt erwies, als NVA-Schiffe bei der Niederschlagung von Aufständen in Osttimor oder Aceh auftauchten. Exemplarisch verdeutlicht die Reportage hier einen Konflikt, der zum Wesen aller Waffenexporte gehört. Auflagen erweisen sich in der Praxis meist als wohlfeil.

„Was wurde aus der NVA?“ ARD, Mo, 23.30 Uhr