Hamburg. Der Schauspieler spricht im Interview über Gesellschaftskritik im „Tatort: Verbrannt“, seinen neuen Kinofilm und die Freude am Beruf.

Wotan Wilke Möhring ist momentan nicht leicht zu fassen, aber doch wieder sehr präsent. Am Sonntag ist er im „Tatort: Verbrannt“ zu sehen, der noch für Diskussionen sorgen dürfte. Er lehnt sich an den realen Fall eines afrikanischen Asylbewerbers an, der sich vor zehn Jahren in Dessau in seiner Zelle selbst angezündet haben soll und verbrannt ist. Am kommenden Donnerstag startet im Kino die Komödie „Kleine Ziege, sturer Bock“. Möhring spielt einen ­Vater, der unversehens zu einer zwölf Jahre alten Tochter kommt. Den Film hat er auch beim Filmfest Hamburg vorgestellt. Zurzeit dreht Wotan Wilke Möhring in Kroatien unter der Regie von Philipp Stölzl den Dreiteiler „Winnetou“ für RTL.

Hamburger Abendblatt: Ihr neuer „Tatort“ ist mehr politisches Gesellschaftsdrama als Krimi.

Wotan Wilke Möhring: Genau, weil er sich auf einen tatsächlichen Fall beruft. Es geht darum, wie man mit so einer Situation umgeht und was Gruppenzwang bedeutet. Welche Dynamik entsteht da? Benutzt man das schwächste Ventil? Wir wollen gesellschaftskritische Themen aufgreifen und versuchen, Antworten zu geben oder zumindest Möglichkeiten. Die Verurteilung in dem Fall steht immer noch aus. Er wird jetzt aber wieder aufgerollt, ist also immer noch aktuell.

Zum letzten Mal spielen Sie einen „Tatort“ mit Petra Schmidt-Schaller zusammen. War es ein wehmütiger Abschied?

Möhring : Es war sehr traurig. Wir haben uns sehr gut verstanden. Wir haben auch wunderbar zusammengespielt. Aber man muss solche Entscheidungen respektieren.

Sie kommen demnächst aber wieder zusammen, sogar als Paar. In Vivian Naefes Film „Obendrüber die Sonne“, der Fortsetzung von „Obendrüber, da schneit es“, der 2013 erfolgreich im ZDF lief.

Möhring : Ja, das war ganz lustig.

Im nächsten „Tatort“, den Sie auch schon abgedreht haben, bekommen Sie Franziska Weisz als neue Partnerin.

Möhring: Der „Tatort“ spielt am Flughafen in Hannover. Özgür Yildirim, der auch meinen ersten „Tatort: Feuerteufel“ inszeniert hatte, führt wieder Regie. Ein bisschen politisch ist der auch. Es geht um Luxus-Schleuser und darum, wie man hierher kommt, ohne bemerkt zu werden.

In „Kleine Ziege, sturer Bock“ haben Sie ein Schaf als Partner vor der Kamera. Wie sind Sie mit dem tierischen Kollegen klargekommen?

Möhring : Der Tiertrainer hatte uns den Satz mitgegeben: „Das Tier kann nichts, außer ein Schaf zu sein.“ Da weiß man wenigstens, woran man ist. Im Zusammenspiel muss man sich immer nach dem schwächsten Glied in der Kette richten. Und da man diesen Bock intellektuell nicht ansprechen konnte, war es sehr interessant. Wenn man mit dem eigenen Kopf zu nah an seinen herankam, nahm er das als Motivation, um zuzustoßen. Er ist aber ein toller Schafsbock.

Sie singen im Film Coverversionen einiger Songs von Elvis. War das eine Herzensangelegenheit?

Möhring : Nein, es sind Songs, die ich von meinen Eltern her kannte, besonders von meiner Mutter. Ich bin kein großer Sänger. Aber es war natürlich trotzdem eine Herausforderung. Für den Status, den die Figur hat, reicht die Performance allemal.

Es kommt also demnächst kein Cover­-Album mit Elvis-Nummern von Ihnen heraus?

Möhring : Auf keinen Fall.

Wie läuft es bei „Winnetou“?

Möhring : Es ist sehr lang und ganz schön anstrengend, aber auch im wahrsten Sinne des Wortes eine interessante Abenteuerreise.

Kroatien war in den vergangenen Tagen häufig in den Nachrichten wegen der Flüchtlingsströme. Haben Sie davon bei den Dreharbeiten etwas mitbekommen?

Möhring : Nur über die Nachrichten. Wir drehen an der Küste, das ist kein Grenzbezirk.

Müssen Sie lang im Sattel sitzen?

Möhring : Schon. Wir haben aber auch lange Drehtage, denn die Motive sind sehr verstreut, das führt zu langen ­Anfahrten. Wir drehen das sehr ­anspruchsvoll. Dafür reichen oft die ­Tage und Stunden kaum aus. Aber zum Glück gibt es immer eine Sonne, die ­irgendwann untergeht.

Wie lange drehen Sie noch in Kroatien?

Möhring : Bis Ende November. Und dann noch so etwa 20 Tage im Dezember in Köln. Insgesamt sind das 82 Tage. Das ist der längste Dreh, den ich je hatte.

Dann muss ja auch etwas Besonderes ­dabei herauskommen.

Möhring : Es wird eine völlige Neuinterpretation. Ich habe schon ein paar Bilder gesehen. Eigentlich sieht es aus wie Kino, Kino fürs Fernsehen.

Hat Ihr Regisseur dabei auch einen politischen Anspruch?

Möhring: Es geht um ein großes Drama und darum, was passiert, wenn zwei unvereinbare Kulturen sich begegnen. Sie begegnen sich in einer Figur. Ich reise sozusagen als Karl May an und als Häuptling der Apachen ab. Es ist eine große Herausforderung, eine Figur auf einer so großen Reise zu spielen.

Sie waren in der Vergangenheit sehr ­fleißig. Schlaucht das nicht auch?

Möhring : Doch. Deshalb werde ich im kommenden Jahr auch deutlich weniger machen. Ich will mir die Freude am Beruf erhalten und noch selektiver bei der Auswahl der Rollen vorgehen. Man darf die eigene Begeisterung an diesem Beruf nicht verlieren.

„Tatort: Verbrannt“, So, 20.15 Uhr, ARD