Wenn sonst nichts Gutes läuft: Wer Abonnent eines Streamingdienstes ist, hat stets die Auswahl zwischen zahlreichen starken Serien.

Was soll man bloß gucken? Das fragen sich augenblicklich sowohl klassische wie auch voll vernetzte Stuben­hocker, wenn sie vor dem Fernseher sitzen. Wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Im Fernsehprogramm sind Neuheiten und Highlights im Augenblick rar gesät, es regiert das Sommerloch. Wer allerdings Abonnent eines oder gleich mehrerer Streamingdienste ist, der steht unter Umständen vor dem umgekehrten Problem; dem nämlich, sich zu entscheiden.

Drama oder Comedy, Krimi oder Romantik, Fantasy oder Science Fiction, Serie oder Film: Wenn man nicht aufpasst, verbringt man mehr Zeit damit, sich durch das Angebot zu klicken als sich tatsächlich irgendetwas anzuschauen. Zwar versuchen alle Anbieter, mit mehr oder minder ausgefeilten Algorithmen dem Nutzer auf die Sprünge zu helfen, ihm ausgehend von seinem bisherigen Guckverhalten andere Inhalte zu empfehlen. Und wenn man tatsächlich ein Lieblingsgenre hat, funktioniert das auch ganz hervorragend.

Schaut man aber mal dies, mal jenes und mal etwas ganz anderes, bekommt der computerisierte Berater gern einmal Schluckauf: Hat man ein paar Animationsfilme geschaut, tauchen auf einmal Kinderserien und ähnliches Gedöns in der Empfehlungsspalte auf und man ist gezwungen, diverse blutige Thriller zu gucken, um „Pokémon“ und „Die kleine Prinzessin“ wieder aus der Liste zu vertreiben.

Apropos blutig: Wenn einem der Sinn nach düsterer Action steht und man Superhelden – diesen uramerikanischen Heldenmythen – nicht gänzlich abgeneigt ist, sollte man als Netflix-Abonnent dringend einen Blick auf „Daredevil“ werfen. Nicht auf den Spielfilm, sondern auf die Serie mit Charlie Cox („Boardwalk Empire“) als Titelhelden und Vincent D’Onofrio („Ed Wood“, „Full Metal Jacket“) als seinem Gegenspieler. Also eigentlich sollte man sich besser den Rest des Tages überhaupt nichts mehr vornehmen, denn so düster, so ambivalent, was gut und böse angeht, und so fesselnd war schon lange keine Serie mehr. Außer vielleicht eine andere Netflix-Eigenproduktion, die ausgerechnet im sonnigen Florida spielt: „Bloodline“, ein Familiendrama, neben dem die Fehden aus „Dallas“ aussehen wie „Unsere kleine Farm“.

Auf die Idee mit den hochwertigen Eigenproduktionen ist Netflix zwar zuerst gekommen, das heißt aber nicht, dass die Konkurrenz bloß einkauft und nicht selbst erstellen lässt. Amazon betreibt inzwischen finanziell und personell ähnlichen Aufwand wie Netflix, um noch mehr Menschen von sich zu überzeugen. Dabei sind bisher unter anderem „Bosch“, eine sehr spannende Polizeiserie mit Titus Welliver („Sons of Anarchy“, „Argo“) in der Hauptrolle herausgekommen. Oder „The Man In The High Castle“, eine ambitionierte Adaption des dystopischen Romans von Philip K. Dick, in dem das dritte Reich den Zweiten Weltkrieg gewonnen hat. Darüber hinaus verlässt man sich beim weltgrößten Onlinekaufhaus nicht nur auf passive Statistiken, sondern fordert die Nutzer auch zur aktiven Abstimmung darüber auf, aus welchen Pilotfolgen ganze Serien werden sollen.

Neben den beiden größten Anbietern, die weltweit jeweils mehr als 60 Millionen Abonnenten haben, gibt es auf dem deutschen Markt zwei weitere, die für den Serienfreund infrage kommen: Watchever und Maxdome, beide zwar ohne Eigenproduktionen, aber trotzdem einen näheren Blick wert. Und schließlich ist da noch Sky. Der Pay-TV-Anbieter möchte im neuen, für den Verbraucher günstigen Markt des Videostreamings ebenfalls mitspielen und bietet mit Snap by Sky ebenfalls eine Online-Videothek, die deutlich weniger umfangreich ist als die der Mitbewerber. Dafür gibt es dort das eine oder andere Schmankerl, das man woanders vergeblich sucht.

Im Detail unterscheiden sich die Angebote zwar teils erheblich, aber auf einige Serien will keiner verzichten: Die Sitcom „The Big Bang Theory“ fehlt zum Beispiel in keinem Flatrate-Angebot. Auch die norwegische Erfolgsreihe „Lilyhammer“ mit Steven van Zandt als Exil-Mafioso im beschaulichen Norwegen haben alle im Angebot. Allerdings mit einem wichtigen Unterschied: Nur bei Watchever und Netflix laufen alle drei Staffeln ohne Mehrkosten. Beide stellen ihren kompletten Katalog für die monatliche Gebühr zur Verfügung. Maxdome und Amazon hingegen bieten darüber hinaus auch Serien und Filme im kostenpflichtigen Einzelabruf an. Das können ganz neue Produktionen sein. Oder eben die norwegische Gangster-Serie.

Natürlich ersetzen die neuen Videoanbieter das althergebrachte Fernsehen nicht. Aber gerade, wenn mal wieder so gar nichts läuft, was einen interessiert, sind sie eine exzellente und kostengünstige Ergänzung, die es dem Zuschauer ermöglichen, selber Programmdirektor zu spielen.

Und falls man von der Menge der Möglichkeiten doch überfordert ist, kann man immer noch einfach durch die Gegend zappen. Und landet möglicherweise heute Abend beim Spartensender Sixx. Dort feiert die zwar reichlich makabre, aber auch ziemlich lustige Serie „iZombie“ Premiere, die eine untote Ärztin mit Appetit auf Hirn zur Protagonistin erhebt. Ganz ohne Extrakosten, Internetverbindung und Algorithmus-Unterstützung.

„iZombie“, ab heute 20.15 Uhr, Sixx