Streikultur? I wo! Verbaler Schlagabtausch? Geschenkt! In Frank Plasbergs Talkrunde wurde Til Schweiger unter dem Deckmäntelchen Alzheimer ausufernd für seinen Kinofilm „Honig im Kopf“ geschmeichelt.

Hamburg/Berlin. Rund 1,2 Millionen Deutsche, so eine Schätzung der Initiative Alzheimer-Forschung, führen mittlerweile ein Leben mit der Diagnose Demenz. Und so ist es kein Wunder, dass die Thematik längst auch im TV Hochkonjunktur hat.

Also kam auch Frank Plasberg am Montag einmal mehr nicht umhin, in seiner ARD-Talkrunde "Hart aber fair" (2,66 Millionen Zuschauer/8,0 Prozent Marktanteil) die Frage nach dem Umgang mit der Alterskrankheit zu stellen. Und wer bei der Fragestellung „Alzheimer als Komödie - hilft Lachen gegen die Angst?“ und beim Blick auf die Gästeliste schon einen leisen Verdacht hegte, in welche Richtung die vermeintliche Debatte gelenkt werden würde, sollte Recht behalten.

Denn Anschubhilfe erhielt der Moderator von Til Schweiger - wobei man eigentlich fragen sollte, wer da wem Anschub leistete. Denn Schweiger durfte sich einmal mehr über kostenlose Promotion für seinen Kassenschlager "Honig im Kopf" freuen - und das zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr.

Bereits die Anmoderation geriet zur reinsten „Honig im Kopf“-Litanei, als Plasberg den Schweiger-Streifen im Prediger-Duktus als „Sensationserfolg“ anpries. Wenigstens war der Gastgeber so ehrlich und kündigte die folgenden 60 Minuten nicht als harte Streitrunde, sondern als „Mutmach-Sendung“ an.

Neues von Rudi Assauer

Gut, und so erfuhr der Zuschauer nebenbei dank Bettina Michel (“Til Schweigers Tochter Emma hätte einen Oscar verdient!“) immerhin noch das Neueste aus dem Leben ihres Vaters Rudi Assauers. Etwa, dass der an Alzheimer erkrankte ehemalige Schalke-Manager die Zigarren - sein einstiges Markenzeichen - derzeit gerne entweder in die Hose oder die Jackentasche steckt.

Und ein aktuelles Bild von der Bundestagspräsidentin a.D. Rita Süßmuth, die Plasberg in ihrer Eigenschaft als - ja, was eigentlich? - geladen hatte, konnte sich das Publikum auch noch einmal machen. Die empirischen Einwürfe des Hirnforschers Gerald Hüther (“Alzheimer entsteht im Gehirn durch eine Mischung aus Stress und Angst“) wirkten schon fast wie eine Bremse auf der Promo-Sause für Til Schweiger.

Was blieb, war der Geschmack einer ausufernden Lobhudelei in bester „Wetten, dass..?“-Manier für Schweigers Demenz-Streifen, in der auch die "Hart aber fair"-Zuschauer via soziale Medien eifrig mitmischte. Die Stimme einer Frau, die durch den Film die Realität nicht unbedingt abgebildet sah, fiel da schon fast unter den Tisch. Unterhalten fühlte sich die betroffene Zuschauerin von „Honig im Kopf“ dann aber natürlich doch auch.

Schweigers Film diente der Talkrunde nicht zuletzt durch gefühlt 17 Einspieler als Leitmedium für die Beantwortung der eingangs gestellten Frage. Und Til Schweiger durfte gewissermaßen auch an diesem Abend mehr oder weniger heimlich Regie führen. Belohnt mit Direkt-Applaus aus dem Publikum, den er sich zwischendurch - die harte Fairness gebietet dies zu erwähnen - auch durch Vorschläge verdiente, zur Förderung von Demenzkranken vermehrt auf Wohngemeinschaften zu setzen. So wie in "Honig im Kopf" eben.