Im Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig können Besucher erstmals den Anruf hören, der den damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff schließlich zu Fall bringen sollte. Nachricht markiere „Zäsur“ in politischer Berichterstattung.

Hamburg/Berlin. Fast auf den Tag genau drei Jahre nach dem folgenschweren Anruf des damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff auf die Mailbox des „Bild“-Chefs Kai Diekmann ist die Aufnahme jetzt für jedermann zu hören.

Das Zeitgeschichtliche Forum in Leipzig veröffentlicht im Rahmen seiner am 5. Dezember startenden Ausstellung „Unter Druck! Medien und Politik“ Wulffs Nachricht im Originalton. Ausgestellt wird auch Diekmanns damaliges Handy, Mitschnitte der Aufnahme sind aus rechtlichen Gründen verboten.

Wulff hatte am 12. Dezember 2011 versucht, Diekmann zum Umdenken in der Berichterstattung über einen umstrittenen Kredit für sein Privathaus in Großburgwedel zu bewegen. Der Versuch blieb des CDU-Politikers wirkungslos, wodurch die Affäre an medialer Fahrt aufnahm.

Unter anderem sagte Wulff, der Rubikon sei überschritten und sprach von „Krieg führen“. Mit dem „Bild“-Artikel begann die Welle negativer Berichterstattung.

Am 17. Februar 2012 beugte sich Wulff schließlich dem wachsenden öffentlichen Druck und erklärte als zweites Staatsoberhaupt in der Geschichte der Bundesrepublik seinen Rücktritt.

Das Leipziger Forum, das von der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland getragen wird, beschreibt in seiner Ausstellungsbeschreibung die Rolle der Medien bei Wullfs Rücktritt als „bis heute umstritten“.

Die Veröffentlichung der Mailbox-Nachricht markiere eine Zäsur in der Berichterstattung über politische Ereignisse und der Geschichte zahlreicher Medienkampagnen und -skandale.

Nach Wulff-Affäre weniger Korruptionsaanzeigen

Unterdessen hat sich die Arbeitslast der Berliner Zentralstelle für Korruptionsbekämpfung eine Weile nach der Wulff-Affäre wieder normalisiert. Insgesamt 456 Vorgänge hatte die Behörde 2013 zu bearbeiten, wie es in ihrem Korruptionsbericht heißt.

Im Jahr zuvor waren es 629 – im Zuge der Wulff-Affäre wurden ungewöhnlich viele Strafanzeigen gestellt. Im Vergleich zu 2011 und 2010 ist die Zahl dagegen gestiegen. Die Zentralstelle prüft Anzeigen sowie Hinweise auf Korruption vorab, um sie gegebenenfalls an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten.

Außer der Zentralstelle zieht am Mittwoch auch Berlins Vertrauensanwalt Bilanz. Seit drei Jahren können sich Bürger anonym mit Hinweisen auf Korruption an ihn wenden.

Für 2014 gibt es noch keine offiziellen Zahlen zur Entwicklung der Korruption. Große Veränderungen seien aber nicht zu erwarten, sagte die Sprecherin der Justizverwaltung, Claudia Engfeld, am Dienstag.