Der 89 Jahre alte Publizist erhält einen Henri Nannen Preis für seine Verdienste um die deutsch-französische Verständigung. 1937 hatte der Sohn jüdischer Eltern die französische Staatsbürgerschaft angenommen.
Hamburg. Der französische Politologe und Publizist Alfred Grosser erhält in diesem Jahr den Henri-Nannen-Preis für das Lebenswerk. Der in Paris wohnhafte 89-Jährige engagiere sich in großem Umfang für die deutsch-französische Verständigung, teilten der Verlag Gruner + Jahr und sein Magazin „Stern“ am Dienstag in Hamburg mit. Sie vergeben ihren Medienpreis zum zehnten Mal. Er ist mit insgesamt 35.000 Euro dotiert und wird in mehreren journalistischen Kategorien an diesem Freitag in Hamburg verliehen.
Grosser wurde am 1. Februar 1925 in Frankfurt am Main geboren. Seine jüdische Familie emigrierte nach Frankreich, als er acht Jahre alt war. 1937 wurde er französischer Staatsbürger, entging den deutschen Besatzern jedoch nur knapp. Zwei Jahre nach Kriegsende besuchte Grosser das zerstörte Deutschland und berichtete für französische Zeitungen und Zeitschriften über die Lage in seinem Geburtsland. Er studierte Germanistik und Politikwissenschaften und arbeitete ab 1951 als Assistent an der Sorbonne in Paris. Bereits 1956 wurde er Professor und lehrte später unter anderem an den Universitäten Stanford (USA), Tokio und Singapur.
Der Politologe schrieb für französische Zeitungen („Le Monde“) und veröffentlichte mehr als 30 Bücher. Im deutschen Fernsehen war er Gast im „Internationalen Frühschoppen“. Grosser ist mehrfach ausgezeichnet worden, unter anderem mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels.
Der französische Intellektuelle gilt als Kenner des Christentums. In München erklärte er: „Ich bin einer von den wenigen Menschen, die zwei Arten Texte immer zu Ende lesen: die päpstlichen Enzykliken und die Urteile des Bundesverfassungsgerichts.“
In den Medien habe niemand so großen Anteil an der Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland wie Grosser, betonte „stern“-Chefredakteur Dominik Wichmann.
Neben dem herausragenden Einsatz für die Pressefreiheit und einem Lebenswerk zeichnet die Jury des Henri Nannen Preises die besten journalistischen Arbeiten des vergangenen Jahres aus. Um den „Henri 2014“ haben sich 912 Journalisten beworben.