Zum 40. Geburtstag von „Wickie und die starken Männer“ gönnt sich das ZDF eine Neuauflage in 78 Folgen in 3-D. Dabei wirkt neben der Optik auch der Inhalt plötzlich wie weichgespült. Wie schade!

Ich bin ein Fernsehkind der frühen 80er-Jahre. Ich habe mit Herrn Rossi das Glück gesucht, teilte zumindest zeitweise den Berufswunsch des kleinen Drachen Grisu („Ich will Feuerwehrmann werden!“) und bin dank der „Sendung mit der Maus“ jeden Sonntag ein bisschen schlauer geworden. Die Biene Maja war mir immer etwas zu hektisch, dafür habe ich mich mit schöner Regelmäßigkeit über den trotteligen Willi – „Wenn ich denke, tut alles weh“ – schlappgelacht. Und Wickie, den schlauen kleinen Wikingerjungen aus Flake, den mochte ich auch.

Und während viele meiner Kindheitshelden im verdienten televisionären Dornröschenschlaf liegen, wurden zwei mit aller Gewalt ins 21. Jahrhundert gezerrt: Im vergangenen Jahr musste sich Maja einer Schlankheitskur unterziehen. Und nun trifft die Modernisierungswelle auch Wickie, der es bisher immer geschafft hatte, jeden Schlamassel geschickt zu umschiffen.

Viel schwerer als die optische wiegt die inhaltliche Modernisierung

Zum 40. Geburtstag von „Wickie und die starken Männer“ gönnt sich das ZDF eine Neuauflage in 78 Folgen. Gezeichnet vom Alter ist da nichts mehr, vielmehr verpasst das Studio 100, das bereits die Topmodel-Maja verbrochen hat, auch den Nordmännern eine 3-D-Optik. Damit allein könnte man ja noch leben: Wickie sieht immer noch aus wie Wickie, sein Vater Halvar trägt immer noch Bart, und das Dorf Flake liegt immer noch in einer malerischen Bucht. Gut, der Schreckliche Sven sieht 2014 eher aus wie der liebe Onkel von nebenan mit Hörnerhelm, Halvar und die anderen wirken putziger und deutlich besser frisiert. Aber Schwamm drüber. Immerhin hat die Band Madsen eine hübsch gitarrenlastige Version des Titelsongs beigesteuert.

Viel schlimmer ist, dass mit der optischen auch eine inhaltliche Modernisierung einhergegangen ist. ZDF-Redakteur Götz Brandt beschreibt das so: „Halvar stellte vor 40 Jahren seinen Sohn schnell mal unter Generalverdacht, ein Feigling und kein ordentlicher Wikinger zu sein. Das ist vorbei.“ Ja, aber warum denn, um Odins Willen? Ein sehr großer Teil des Charmes der Serie beruhte doch gerade auf dem ewig währenden Konflikt zwischen dem polternden Vater, dessen Lösung für jedwedes Problem in Keule, Schwert und Kraftausdrücken bestand, und dem Sohnemann, der ihm ein ums andere Mal bewies, dass es viel eleganter geht, wenn man vor dem Losstürmen ein wenig nachdenkt. Jetzt ist alles irgendwie weichgespült. Und das ist schade. Nicht nur aus nostalgischen, sondern auch aus erzählerischen Gründen.

Wickie hatte in der alten Serie stets die Aufbruchsmotivation, Halvar und der nicht minder einfach gestrickten Crew des Drachenschiffs zu zeigen, dass Wikinger auch dann echte Wikinger sein können, wenn sie nicht bloß tumbe Haudraufs sind. Die Konfliktscheu, die aus der Neufassung spricht, nimmt den jungen Zuschauern nicht nur einen Grund zum Lachen – klar findet man das als Kind brülllustig, wenn Halvar seine Crew zusammenfaltet, sie als „Dämlacks“ oder „Holzköpfe“ bezeichnet –, sondern auch eine wichtige Botschaft: Denn bei allem Poltern, allen Verwünschungen und allen Vorwürfen von Feigheit und mangelndem Bewusstsein für nordmännische Traditionen war doch immer klar, dass Halvar Wickie liebt. Streit und Konflikte gehören nun einmal zum Familienleben. Der Schritt in Richtung eines überhöhten Ideals ist für mich nicht der richtige.

Und ich schaue jetzt mal, ob es die alten „Wickie“-Folgen irgendwo auf DVD gibt. Ich brauche nämlich noch ein Ostergeschenk für meinen Neffen. Der ist sieben. Genau das richtige Alter für eine 40 Jahre alte Serie.

„Wickie und die starken Männer“, ab Karfreitag, 10.15 Uhr, ZDF/KiKa