Thomas Osterkorn verteidigt einen aktuellen „Stern“-Artikel, in dem die Autorin Rainer Brüderle unschöne Annäherungsversuche vorwirft.
Hamburg. „Stern“-Chefredakteur Thomas Osterkorn hat ein Porträt seines Blattes über den FDP-Spitzenkandidaten Rainer Brüderle verteidigt. Der Artikel, in dem auch von angeblichen Annäherungsversuchen Brüderles berichtet wird, sei legitim, erklärte Osterkorn am Donnerstag in Hamburg. Der erste Eindruck, den die Autorin Laura Himmelreich vor einem Jahr vom Umgang des FDP-Politikers mit Frauen gewonnen habe, sei „im Laufe der Zeit bei weiteren Beobachtungen und Begegnungen“ bestätigt worden. Es scheine ein „wiederkehrendes Verhalten“ zu sein.
Die Begegnung zwischen Brüderle und Himmelreich habe nicht in einem privaten Rahmen, sondern öffentlich an einer Bar stattgefunden, betonte Osterkorn. Junge Journalistinnen seien kein Freiwild, „weder für Piraten noch für ältere Herren aus der Politik“.
Auch die Vorsitzende des Vereins Pro Quote, Annette Bruhns, begrüßt es, dass Journalistinnen darüber schreiben, wenn sie von Politikern sexuell belästigt werden. „Ich erkläre mir das damit, dass sich Unternehmenskulturen verändern“, sagte Bruhns. „Dass Frauen darüber berichten, heißt, dass sie das nicht lustig finden und dass die Redaktion das auch nicht lustig findet.“
Vor Osterkorn hatte sich die Autorin selbst zu Wort gemeldet, nachdem sie im Kurznachrichtendienst Twitter mit der Frage konfrontiert worden war, warum sie erst jetzt darüber berichte. Sie schrieb: „Warum kommt erst jetzt die Geschichte? Weil es relevant ist, wenn das ’neue Gesicht’ der FDP veraltete Klischees lebt.“
Der „Stern“ hat in seiner aktuellen Ausgabe unter dem Titel „Der Herrenwitz“ ein drei Seiten langes Porträt des neuen FDP-Spitzenkandidaten veröffentlicht. Die Autorin Himmelreich beschreibt darin eine Situation beim Dreikönigstreffen im vergangenen Jahr. „Sie können ein Dirndl auch ausfüllen“, soll Brüderle demnach unter anderem gesagt haben. Brüderle selbst hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert.
Die Journalistin Annett Meiritz hatte kürzlich im „Spiegel“ darüber berichtet, wie sie von Mitgliedern der Piratenpartei als „Prostituierte“ beschimpft wurde. Der Artikel wurde in Politik und Medien viel diskutiert. Die Initiative Pro Quote, die sich für mehr Frauen in den Führungspositionen der Medien einsetzt, sammelt derzeit bei Facebook Erfahrungsberichte von Journalistinnen, die von Politikern sexuell belästigt wurden.