Fraktionschefin Katja Suding tritt wohl an. Wenn nicht, gilt Finn-Ole Ritter als ein Kandidat. Parteichefin Sylvia Canel noch unentschieden.
Hamburg. Wie man einen innerparteilichen Kontrahenten in der FDP an die Kandare nimmt und sich selbst im Amt hält, hat deren Bundesvorsitzender Philipp Rösler geradezu schulmäßig mit dem FDP-Bundestagsfraktionschef Rainer Brüderle gezeigt. Bei den Hamburger Liberalen, die Anfang April einen neuen Landesvorstand wählen, geht man etwas gröber zu Werke.
Noch ist überhaupt nicht klar, ob Parteichefin Sylvia Canel erneut kandidiert. Klar ist allerdings, dass die Position der Bundestagsabgeordneten weiter geschwächt ist, seit sie bei der Kandidatennominierung für die Bundestagswahl im Herbst 2013 durchfiel. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass Canel (mindestens) einen Gegenkandidaten haben wird, falls sie es noch einmal wissen will. Nur wen?
These eins: Der Bürgerschaftsabgeordnete Finn-Ole Ritter, Vorsitzender der Jungen Liberalen und Parteivize, kandidiert mit Unterstützung der liberalen Fraktionschefin Katja Suding für den Parteivorsitz und tritt damit eventuell gegen Canel an. Dieses Gerücht, das sich blitzschnell verbreitete, versetzte die Partei am Dienstag in Alarmbereitschaft. Befeuert wurde die Fantasie der Liberalen noch dadurch, dass sich Ritter im TV-Sender Hamburg 1 mit folgenden Sätzen zitieren ließ: "Es ehrt mich, dass mich offensichtlich Personen in der Partei für geeignet halten, den Vorsitz zu übernehmen. Ich werde mich bis Anfang nächster Woche entscheiden, ob ich antrete."
Bezeichnend ist allerdings, wie Fraktionschefin Suding auf eine mögliche Kandidatur Ritters reagierte. "Ich höre das zum ersten Mal. Darüber haben wir nicht gesprochen", sagte Suding dem Abendblatt. "Das habe ich mit großem Erstaunen zur Kenntnis genommen", sagte auch die stellvertretende Landesvorsitzende Petra Wichmann-Reiß, die eng mit Suding und Ritter zusammenarbeitet. Die Rechtsanwältin hält es für möglich, dass der Name Ritters gezielt genannt wurde, um eine Kandidatur zu verhindern. "Die Methode kennt man ja: zuerst genannt - zuerst verbrannt."
These zwei: Suding, die über großen Rückhalt in der Partei verfügt, tritt selbst an und wäre im Fall ihrer Wahl Partei- und Fraktionschefin in Doppelfunktion. "Bei mir ist es offen. Das ist eine der Optionen", sagte Suding. Dazu passt eine gemeinsame Erklärung von Suding und Ritter, die beide Dienstagnachmittag herausgaben. "Die internen Gespräche werden ergeben, welches Team sich dem Landesparteitag zur Wahl stellt. Bis dahin ist alles Weitere Spekulation." Es gebe "viele herausragende Persönlichkeiten, die in verschiedenen Funktionen auch künftig Verantwortung übernehmen könnten". Nach Informationen des Abendblatts gilt als ausgeschlossen, dass Ritter und Suding gegeneinander antreten werden.
Es geht bei dem Machtkampf in der FDP weniger um Inhalte, sondern eher um persönliche Sympathien und Unverträglichkeiten. Der frühere Landesvorsitzende Rolf Salo hatte ein Lager um sich geschart, dass sich vor allem in einem einig war: in der Ablehnung der beiden FDP-Bundestagsabgeordneten Sylvia Canel und Burkhardt Müller-Sönksen. Salo tat alles, um deren Einfluss auf die Partei zu begrenzen. Bei der Aufstellung der FDP-Landesliste zur Bürgerschaftswahl 2011 wurden nur Salo-Leute gewählt. Damals verfügte das Lager über eine Zweidrittelmehrheit auf dem Parteitag. Der Wiedereinzug der FDP in die Bürgerschaft nach acht Jahren der außerparlamentarischen Opposition befriedete und überdeckte die internen Konflikte.
Nach dem überraschenden Rücktritt Salos Anfang 2012 blieben die alten Strukturen jedoch erhalten und die neue Fraktionschefin Suding übernahm die inoffizielle Führungsrolle des Salo-Lagers. Aus dessen Sicht war es eine Art Betriebsunfall, dass Canel überhaupt Parteichefin wurde. Die Lehrerin setzte sich äußerst knapp gegen den damaligen Parteivize Gerhold Hinrichs-Henkensiefken durch.
Inzwischen lösen sich die Lagerstrukturen zunehmend auf: So fiel die Bundestagskandidatin des Suding-Lagers, Petra Wichmann-Reiß, glatt durch. Nachdem Müller-Sönksen und Canel gegeneinander um Listenplatz eins angetreten waren (und Müller-Sönksen sich durchsetzte), ist auch dieses Lager Geschichte. Canel fehlt es beim Rennen um ihre Wiederwahl möglicherweise an Unterstützern.
Sollte Suding sich zur Kandidatur für den Landesvorsitz entschließen, gilt ihre Wahl als sicher.