Massig Castingshows konkurrieren um die TV-Zuschauer. Doch die schalten nicht mehr so oft ein. Auf der Kippe steht auch „X Factor“.
Berlin. Sie singen und singen und singen in die Kamera. Meist so sehr, dass die Fernsehzuschauer eine Gänsehaut bekommen. Weil die Stimmen so gut sind – oder so schlecht. TV-Castingshows nähren für viele Kandidaten nach wie vor die große Hoffnung, prominent zu werden. Für die Privatsender sind sie Prestigeobjekte: Jeder, der etwas auf sich hält, hat mindestens eine. Doch einige Quoten der Castingformate schwächeln. An diesem Sonntag (20.15 Uhr) läuft das Finale der dritten Staffel der Vox-Show „X Factor“ – und noch ist nicht klar, ob es danach weitergeht.
Möglicherweise lichten sich die Reihen der Sänger-Wettbewerbe so langsam. „Irgendwann gibt es eine Sättigung“, sagt Aycha Riffi vom Grimme Institut. An jedem zweiten Abend gibt es aktuell eine Castingshow im Fernsehen und viele laufen parallel: Sei es beispielsweise „Deutschland sucht den Superstar“, „Popstars“ oder „The Voice of Germany“.
Irgendwann sei es eben nicht mehr so spannend, mit No-Names – also unbekannten Menschen – mitzufiebern, meint Riffi. Und mit dem Überdruss komme der Quotenabsturz. Das Halbfinale von „X Factor“ sahen am vergangenen Sonntag 1,22 Millionen Menschen: Tiefstwert. Zu Rekordzeiten hatte die Sendung weit mehr als doppelt so viele Zuschauer.
Auch um „Popstars“ auf ProSieben ist es nicht gut bestellt. Im Jahr 2000 war es Deutschlands erste Castingshow, importiert aus den USA. Die Idee: Retortenbands werden zusammengestellt. Einige hatten dann auch große Charterfolge, wie die No Angels, Bro'Sis und Monrose. Doch in diesem Jahr wurde die Staffel mangels Zuschauern verkürzt - und beim Finale waren die Quoten so schlecht wie nie. „„Popstars“ ist und bleibt eine starke Marke für ProSieben“, lässt der Sender schwammig verlauten, wie schon vor mehreren Wochen.
Genauso wenig lässt sich Vox in die Karten schauen, was der Plan für den deutsche Ableger der internationalen Musik-Talent-Show „X Factor“ ist. „Wir konzentrieren uns jetzt auf die laufende „X Factor“-Staffel, alles weitere wird wie immer nach Abschluss bekannt gegeben“, heißt es. „Bei der Entscheidung zu einer weiteren Staffel werden am Ende viele Faktoren betrachtet, natürlich auch die Quoten.“ Immerhin: Es werden „Optimierungsmöglichkeiten“ ausgelotet.
Übrig bleiben könnten letztlich die Gegenspieler „The Voice of Germany“ von ProSieben und Sat.1 und „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) von RTL. Der Grund: Beide zielten klar in eine unterschiedliche Richtung, sagt Riffi vom Grimme Institut. Echte Talente versus hübsche Ausgeflippte. „Bei „The Voice of Germany“ wird oft das Wort „authentisch“ benutzt, sei du selbst. Während es in den anderen Castingshows heißt „Das Gesamtpaket muss stimmen.““
Obwohl erst letztes Jahr gestartet, entpuppte sich „The Voice of Germany“ rund um die Coaches Nena, Xavier Naidoo, Rea Garvey und The BossHoss als Zuschauermagnet: Einen Großteil der Sendungen schalten zwischen 4 und 5 Millionen Zuschauer ein. „Die Show ist erfolgreicher, weil die Leute eine Übersättigung an Freaks haben, und an Leuten, die nichts können“, meint Riffi. Den Anfang habe die Show für den Eurovision Song Contest 2010 „Unser Star für Oslo“ gemacht. Es gehe eher um eine seriöse Talentsuche, als darum, sich über Leute lustig zu machen.
Die zweite Sparte besetzt nach wie vor „Deutschland sucht den Superstar“. Mit ähnlich gutem Erfolg: Zwischen 4 und 5 Millionen Menschen sahen DSDS auf den Bildschirmen. Anfang nächsten Jahres startet die Jubiläumsstaffel Nummer 10 mit einer umgebauten Jury: Neben Dieter Bohlen sollen unter anderem die Tokio-Hotel-Zwillinge Bill und Tom Kaulitz neuen Pep bringen. Die Castings werden bereits aufgezeichnet. „Die Freakshow läuft aber momentan in anderen Formaten ab“, ist sich Riffi sicher. Statt der Castingsshows am Abend seien es nun die Scripted-Reality-Soaps am Nachmittag.