Der Umweltminister ist verärgert über die Redaktion. Bundestagspräsident Lammert hält Konzept der Show für „Unfug“.

Berlin. Premiere ohne Stargast: ProSieben-Moderator Stefan Raab muss zum Auftakt seiner Polit-Talkshow auf Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) verzichten. Dieser sagte seine Teilnahme am Donnerstag kurzfristig ab. „Die Behauptung, dass der Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck auf Druck des Ministers ausgeladen wurde, ist völlig absurd und falsch“, sagte Altmaiers Sprecher Dominik Geißler am Donnerstag. „Der Minister hat noch nie versucht, Einfluss auf redaktionelle Entscheidungen zu nehmen.“

Nach Angaben von Becks Büroleiter Sebastian Brux begründete eine Raab-Assistentin dessen Ausladung damit, dass es „um die Augenhöhe der Gäste ging“. Später habe es geheißen, Altmaier wäre nicht gekommen, wenn Beck auch Gast gewesen wäre. ProSieben-Sprecher Christoph Körfer ging nicht näher darauf ein. Er betonte, es sei Entscheidung der Redaktion, welche Gäste in die Sendung eingeladen würden.

Die erste Ausgabe der Raab-Sendung „Absolute Mehrheit – Meinung muss sich wieder lohnen“ soll am Sonntag (11. November, 22.45 Uhr) ausgestrahlt werden.

Sprecher: Altmaier und Beck sind gute Freunde

Geißler zufolge sagte Altmaier sein Kommen zu der Sendung zu, weil es um das Thema Energiewende gehen sollte und weil von der Raab-Redaktion dazu Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft oder Generalsekretärin Andrea Nahles als Gäste vonseiten der SPD angekündigt wurden. Als diese jedoch absagten, habe die Redaktion Altmaier nicht informiert und daraufhin Beck und den Abgeordneten der Linksfraktion, Jan van Aken, eingeladen. Als Altmaier davon erfuhr, habe er gemäß ursprünglicher Vereinbarung zusätzlich um „maßgeblichen SPD-Ersatz“ bei diesem Thema gebeten. Die Redaktion habe kurz darauf SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann als neuen Gast präsentiert und Beck ausgeladen.

„Nur: Gegenüber Herrn Beck hat man die Redaktionsentscheidung aber offenbar nicht als solche verkauft“, sagte Geißler. „Wir sind extrem verärgert über ein solches Vorgehen einer Redaktion, die sich nicht zu ihren Entscheidungen bekennt.“ Stattdessen sei es zu diesen „Falschaussagen“ gekommen. Geißler sprach von einem „einmaligen Vorgang“.

Er hob zugleich die Freundschaft Altmaiers mit Beck hervor. Becks Sprecher Brux bestätigte die Verbundenheit der Politiker. „Beide sind seit den 90er Jahren gute Freunde“, sagte er. Beck und Altmaier hätten sich noch am Mittwoch über die Angelegenheit ausgetauscht. Der Minister habe sich offenbar nicht den Schuh anziehen wollen, den er von der Raab-Redaktion vorgelegt bekommen habe.

ProSieben sucht Altmaier-Ersatz

Bei dem neuen Raab-Format sollen die Zuschauer im Laufe der Sendung abstimmen, welcher Talkgast sie am meisten überzeugt. Der Gast mit den wenigsten Anrufen oder SMS hat zwar nicht mehr die Chance auf die Siegprämie von 100.000 Euro, darf sich aber weiter an der Diskussion beteiligen.

Bei Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) stößt das Konzept der Sendung auf Unverständnis. „Das ist absoluter Unfug. Wer Geld für Meinungen aussetzt, bestellt Meinungen für Geld“, sagte Lammert dem „Westfalen-Blatt“ (Freitagausgabe). Der Medienwissenschaftler Bernd Gäbler befürwortet dagegen Raabs Experiment. „Raab ist das, was die ARD nicht ist: innovativ“, sagte der ehemalige Geschäftsführer des Grimme-Instituts der Zeitung. Der ProSieben-Moderator habe eine „erfrischende antiautoritäre Art“ und könne mit Diskussionen über Facebook, Datensicherheit oder Tierschutz ein junges Publikum gewinnen, das die ARD mit ihren Talkshows nicht erreiche.

Gäste der ersten Ausgabe sind neben Oppermann der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki, der stellvertretende Linken-Vorsitzende Jan van Aken und die Unternehmerin Verena Delius. Raab sagte: „Die Qualität unserer Sendung hängt nicht vom Erscheinen einer einzelnen Person ab. Wir freuen uns auf eine muntere Diskussion am Sonntagabend.“ Ein Ersatz für den Bundesumweltminister wird noch gesucht.

Sollte es in der Finalrunde einem der drei Finalisten gelingen, mehr als 50 Prozent der Anrufe und damit die absolute Mehrheit auf sich zu vereinen, erhält er 100.000 Euro. „Was der Politiker damit macht, stellen wir ihm frei. Er muss sie nicht spenden“, sagte Raab dem Magazin „Stern“. Gelingt dies keinem der Gäste, fließt die Gewinnsumme in den Jackpot für die nächste Show. Unterstützt wird Raab von ProSiebenSat.1-Nachrichtenchef Peter Limbourg, der am Ende jeder Gesprächsrunde das Geschehene zusammenfasst und analysiert.