In Wiesbaden wurde zum 63. Mal der Medienpreis Bambi vergeben. Wirbel gab es um die Auszeichnung für Skandalrapper Bushido.

Wiesbaden/Berlin. Es gibt Aussagen, die haben einen solchen Seltenheitswert, dass man schon zweimal hinhören muss, um sich ganz sicher zu sein. Diese Aussagen müssen gar keinen spektakulären Inhalt haben, es reicht schon, wenn Hollywood-Schauspielerin Gwyneth Paltrow als Moderatorin den hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier als Ehrengast der Bambi-Verleihung begrüßt. Diese Aussage kann als Sinnbild der ganzen Veranstaltung gelten: korrekt, irgendwie niedlich und trotzdem etwas unangenehm.

Es gab viele schöne und viele unangenehme Momente während der 63. Bambi-Verleihung, Überraschungen gab es im auf die Sekunde getakteten Programm nicht. Selbst die öffentliche Empörung des schwulen Leadsängers Peter P. der Band Rosenstolz gegen den Bambi für Bushido war so erwartbar wie der Auftritt von Veronica Ferres.

Aber ganz chronologisch-korrekt: Der Abend beginnt mit einer deutsch-englischen Version des U2-Songs „Beautiful Day“, gesungen von Yvonne Catterfeld. Die Ouvertüre lässt viele Fragen offen: was soll das kurze durchsichtige Kleid? Wie einfach kann man einen U2-Song umkomponieren, dass er klingt wie eine Melode für Waschmittelwerbung? Geht das jetzt den ganzen Abend so? Viel Zeit über die Antwort nachzudenken gibt es nicht, denn dann schreitet auch schon Gwyneth Paltrow auf die Bühne und liest jede Menge kurioses Zeug vom Teleprompter ab. Sie überreicht gemeinsam mit Florian David Fitz den Bambi in der Kategorie „Schauspielerin National“. Die Gewinnerin Jeanette Hain tut nichts dafür, die Sendung auf Hochglanzniveau zu heben, außer dass sie in ihrer Dankesrede vor allem darauf zu sprechen kommt, dass sie jetzt wahnsinnig gern einen heben würde. Diesem Job ist auch Cindy aus Marzahn nicht gewachsen, als sie eine wackelige Laudatio auf Thomas Gottschalk hält, der mit dem Bambi für das „TV Ereignis des Jahres“ für seine Mallorca-Ausgabe von „Wetten dass..?“ ausgezeichnet wird. Die Dankesrede von Gottschalk fällt leider auch nicht geistreicher aus, aber wenigstens weiß jetzt jeder, dass Gottschalk fest damit rechnet, eines Tages mit einem Bambi für sein Lebenswerk ausgezeichnet zu werden.

Danach plänkelt die Show in friedlicher Harmlosigkeit vor sich hin, es wird sogar richtig gut, als Axel Milberg eine intelligente und komische Laudatio auf Ruth Maria Kubitschek hält. An diesen Momenten muss sich der Zuschauer wärmen, wenn Kai Pflaume im nächsten Augenblick vor der Halle inmitten von Justin-Bieber-Fans steht und die Schalte nach draußen einfach nicht enden möchte. Wenigstens für die fröstelnden Fans lohnt sich der Ausflug: zwei aufgeregte Teenies dürfen mit ins Studio und ihr Idol umarmen.

Integration ist wichtig

Und dann ist da ja noch Bushido, dessen Auszeichnung im Vorweg schon für Proteste gesorgt hat. Nach warmen Worten von Peter Maffay über Bushidos Verdienste bei der Integration fällt die Dankesrede vom Preisträger uninspiriert aus. Die Quintessenz: Bushido weiß selbst nicht, ob er den Preis verdient hat und es ist ihm herzlich egal, wenn jemand denkt, er hätte es nicht. Oh und: Integration ist wichtig.

Ein Grund, warum Karl Lagerfeld hingegen Jahr um Jahr wieder eingeladen wird, eine Laudatio auf internationale Sängerinnen zu halten (Britney Spears und Beth Ditto bekamen ihren Bambi ebenfalls aus seinen Händen) ist wohl, dass er völlig frei und auch noch witzig reden kann. Diesmal darf er Lady Gaga auszeichnen. Lady Gaga und Lagerfeld sind zwei vom gleichen Schlag, nicht nur weil sie an diesem Abend aussehen wie Zwillinge. Beide hassen Banalität, hassen Langeweile. Umso skurriler, dass im Gegensatz zu den restlichen bis zur Unkenntlichkeit bedeutungsschwangeren Auftritten gerade das Duo der zwei Kunstfiguren Lagerfeld/Gaga erfrischend natürlich wirkt.

Paltrow bezaubernd und deplatziert

Kurz vor Schluss darf sich Gwyneth Paltrow noch einen Bambi in der Kategorie „Schauspielerin International“ abholen, überreicht von Armin Rhode. Gekonnt bescheiden, sympathisch und glamourös wirkt sie bezaubernd und völlig deplatziert im großen Ganzen der Veranstaltung.

Das Finale ist die Verleihung des „Millennium Bambi“ an Helmut Schmidt. Sandra Maischbergers Laudatio ist journalistisch einwandfrei mit szenischem Einstieg („ich wollte mir eigentlich eine Zigarette anstecken“) und vielen Anekdoten unterhaltsam und charmant. Die Dankesrede von Helmut Schmidt ist - wie nicht anders zu erwarten – keine Dankesrede, sondern eine Lektion über Verantwortung und Standhaftigkeit, Schmidt eben.

Die Bambi-Verleihung hinterlässt viele Fragen: Wo ist der Glamour der deutschen Stars? Wo ist die Leichtigkeit, wo ist der Spaß? Und wann bekommt Thomas Gottschalk endlich den Bambi für sein Lebenswerk?