Die Nachricht vom Tod Lou Reeds ruft bei zahlreichen Weggefährten Bestürzung hervor. Der Gründer der Avantgarde-Punkband Velvet Underground starb im Alter von 71 Jahren - vermutlich wegen Komplikationen nach einer Leber-Transplantation.

New York/Berlin. Der US-Rockmusiker Lou Reed ist tot. Der Sänger von Welthits wie „Walk on the Wild Side“ und „Perfect Day“ sei am Sonntag im Alter von 71 Jahren gestorben, berichteten US-amerikanische und britische Medien.

Reed sei auf der Halbinsel Long Island bei New York vermutlich an den Folgen einer Lebertransplantation gestorben, der er sich im Mai unterzogen hatte, sagte sein US-Agent Andrew Wylie der „New York Times“.

Dies erzählte damals Reeds Ehefrau, die Performance-Künstlerin Laurie Anderson, der britischen Zeitung „The Times“. „Er lag im Sterben“, sagte Anderson damals. Sie glaube nicht, dass ihr Mann sich „jemals vollständig erholen“ werde.

1992 sprach Lou Reed einmal über seine Alkohol- und Drogenprobleme. „Ich habe versucht, von den Drogen loszukommen, indem ich getrunken habe“, sagte er damals. „Das hat nicht geklappt.“ Laurie Anderson lebte seit 21 Jahren mit Lou Reed zusammen, seit fünf Jahren waren sie verheiratet.

Als erste hatte das US-Musikmagazin „Rolling Stone“ über den Tod Reeds berichtet. „Ja, ich fürchte, es ist wahr“, sagte Reeds britischer Agent Andy Woolliscroft dem „Guardian“.

Trauer von Bowie bis Iggy Pop

Der vielfach preisgekrönte Reed, der in den 1960er und 70er Jahren mit der vom Künstler Andy Warhol geförderten Punk-Avantgarde-Band Velvet Underground bekannt geworden war, war auch als Solosänger weltweit erfolgreich.

Reed sei ein „außergewöhnlich begabter Sänger“ gewesen, der einen „tiefen Einfluss auf die Rockmusik und die gesamte Musikkultur gehabt habe“, teilten die Veranstalter der Grammys mit, die als weltweit bedeutendste Musikpreise gelten.

Er habe „dem Mainstream Avantgarde beigebracht“, hieß es weiter. „Wir haben einen wahren Visionär und kreativen Anführer verloren, dessen bahnbrechende Arbeit für immer einen Platz in der Musikgeschichte haben wird.“

Zahlreiche Kollegen und Prominente betrauerten den Tod des Musikers. „Die Welt hat einen ausgezeichneten Songwriter und Poeten verloren ... Ich habe meinen Schulhof-Kumpel verloren“, schrieb Velvet-Undergorund-Mitbegründer John Cale auf seiner Facebook-Seite.

„Er war ein Meister“, erklärte Musiker David Bowie, der 1972 Reeds erstes Soloalbum „Transformer“ produziert hatte. Punk-Ikone Patti Smith trauert um „einen meiner wichtigsten Freunde in meinem Leben“.

Musiker Iggy Pop, der Ende der 1970er Jahre mit Bowie und Reed in einer WG im Westen des geteilten Berlins lebte, schrieb auf Twitter von „niederschmetternden Neuigkeiten“. Paul Stanley, Gründungsmitglied der Rockgruppe Kiss, würdigte Reed als „Musiker, Künstler und Vorreiter, der nach seinen eigenen Regeln gespielt hat“.

„Mein Freund Lou Reed ist am Ende seines Songs angelangt“, schrieb Bestseller-Autor Salman Rushdie auf Twitter. „So traurig.“ Es sei ein „furchtbar trauriger Tag“, schrieb auch die Sängerin Kelly Osbourne.

Sie sei ihm „extrem dankbar“ für alles, twitterte Schauspielerin Mia Farrow. Reeds Musik sei genau die seiner Generation und immer noch relevant, schrieb ihr Kollege Samuel L. Jackson. Und der Hip-Hop-Produzent Russell Simmons twitterte: „New York hat eines seiner größten Geschenke verloren.“

Steter Bruch mit Erwartungen

Lou Reed wurde durch Velvet Underground in den 1960er und 1970er Jahren bekannt, war aber auch als Solo-Musiker erfolgreich. Allerdings hatte Lou Reed nicht so große Verkaufserfolge wie die ähnlich berühmten Musiker David Bowie, Mick Jagger, Bob Dylan und Iggy Pop.

„Ich habe immer am Rande gestanden“, sagte Reed noch im September der „Times“. „Ich stehe noch immer am Rand, weil ich nicht das getan habe, was sie von mir erwarteten.“

Mit „Walk On The Wild Side“ hatte Reed einen Top-20-Hit, viele seiner Songs wurden zu Klassikern wie etwa „Heroin“, „Sweet Jane“ oder „All Tomorrow's Parties“ und er verkörperte wie kaum ein anderer Musiker die Kulturszene in Downtown Manhattan in den 60er und 70er Jahren.

Die von Großstadt-Erfahrungen geprägten Texte Reeds über Sex, Gewalt und Drogen kombiniert mit dem Hang seines Bassisten John Cale zu Klangexperimenten ergaben den charakteristischen düster-schrägen Sound der Band. Der stand damals vollkommen konträr zu den heiteren Klängen der Flower-Power-Bewegung.

Reed kämpfte über Jahre hinweg mit Drogen- und Alkoholproblemen. Nachdem er in den 1980ern davon losgekommen war, veröffentlichte er eine Reihe von gefeierten Alben wie „The Blue Mask“, „Legendary Hearts“ oder „New Sensations“.

Im Laufe seiner weiteren Karriere versuchte er immer wieder neue Wege zu gehen, unter anderem mit einem Konzeptalbum über Edgar Allan Poe im Jahr 2002 oder durch die Zusammenarbeit mit Metallica 2011 bei „Lulu“.

Projekte auch mit seiner Frau

Das erfolgreiche und von der Kritik gelobte Album „Loaded“ - das deutlich Reeds Handschrift trägt - kam erst kurz nach dessen Bandausstieg 1970 auf den Markt. Stücke wie „Sweet Jane“ oder „Rock'n'Roll“ wurden zu Klassikern in seinem Repertoire.

Legendär sind auch seine Soloalben „Transformer“, „Metal Machine Music“ sowie seine Comeback-CD „New York“. 1996 wurde Reed als Mitglied von Velvet Underground in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen.

Zuletzt widmete er sich verstärkt neuen Projekten und arbeitete mit Künstlern, Theater- und Filmemachern wie Robert Wilson, Wim Wenders und Julian Schnabel zusammen sowie seiner Ehefrau, der Performance-Künstlerin Laurie Anderson.

Die Zeit sei furchtbar schnell vergangenen, hatte Reed noch jüngst in einem Interview gesagt, „Wie konnte das passieren? Das hört nie auf, mich zu verwundern. Gerade war ich doch noch 19.“