Hamburg. Ensemble des Jungen Schauspielhauses überzeugt in „Die Asche meines Vaters“ – wenn auch manche Szene etwas überdreht wirkt.

Bedrohlich hängt sie aus dem Bühnenhimmel herab. Die Urne mit der Asche des Vaters. Für die junge Sasha ist es die eines Unbekannten. Ihre beiden Mütter, mit denen sie in Hamburg-Wandsbek lebt, eröffnen ihr erst bei seinem Tod, dass er überhaupt existierte. Aber jetzt muss sie sich mit ihm befassen. Zu Lebzeiten wohnhaft in Blankenese, hinterlässt er ihr sein gesamtes Vermögen samt Ferienimmobilie auf Sylt, eine für die junge Frau schier unfassbare achtstellige Zahl.

Klaus Schumacher bringt zur Saisoneröffnung am Jungen Schauspielhaus „Die Asche meines Vaters oder plötzlich reich und unsympathisch“ des Autorenkollektivs Soeren Volma zur Uraufführung. Er inszeniert die Komödie als ein munteres Gedankenspiel auf einer leeren Drehbühne (Bühne und Kostüme: Katrin Plötzky), auf der das siebenköpfige Ensemble das Familienkonstrukt mit Verve und sehr körperlichem Spiel belebt, während sich das Publikum im Kreis um die Bühne gruppiert – schon diese Setzung signalisiert, dass es um ein Thema aus der Mitte der Gesellschaft geht.

Junges Schauspielhaus: So manche Szene gerät etwas überdreht

Die wundervolle Jara Bihler gibt erfrischend die junge, plötzlich reiche Erbin, die auf ihren engen Freund Fiete, Severin Mauchle, zählen kann, aber bald sowohl die Hintergedanken ihrer wohlhabenden Verwandtschaft begreift, als auch ein Gespür für Verantwortung entwickelt.

Hermann Book glänzt als Onkel Pitt mit lässigem Pullover um die Schultern und einem Händchen für das Versenken von Startup-Geldern. Alicja Rosinski gibt überzeugend die Cousine, eine junge, zickige Kosmetik-Influencerin. Helen Wendt schillert als Billy, die selbstbewusste Geliebte des Verstorbenen.

Traumartiger Bruch zur Musik von Zoe Wees

Die Auswahl des Stoffes für eine Stadt wie Hamburg erweist sich als ein kluger Zug. Schließlich zählt sie zu den reichsten Städten Deutschlands, wo jedes Jahr ein beträchtlicher Teil der bundesweit 400 Milliarden Euro von einer Generation zur nächsten wandert. Da stellt sich die Frage nach gesellschaftlicher Gerechtigkeit.

Mitunter setzt das Ensemble sehr auf das komödiantische Potenzial, so dass manche Szene etwas überdreht gerät. Aber immer wieder bekommt die Inszenierung die Kurve zu ernsten, reflektierten Momenten. Es gibt auch schöne traumartige Brüche in der realistischen Erzählweise, wenn etwa Jara Bihler den Popsong „Daddys Eyes“ von Zoe Wees singt und sich vom Ensemble dabei emporheben lässt. Das aber kurz danach sofort als „Quatsch“ abtut.

Der Lieblingsneffe verspielt sein Erbe als Klimaaktivist

Einer schaut lange scheinbar unbeteiligt zu: Nico-Alexander Wilhelm als Lieblingsneffe Max, der sein Erbe verspielt hat, als er begriff, wie sehr der Lebensstil der Superreichen und der Klimawandel zusammenhängen und zum Aktivisten wurde.

Irgendwann erhebt er doch seine Stimme, zeigt Haltung. So wie vielleicht auch Sasha am Ende, als Familienzwist und Gier in einem großen Chaos zu enden drohen. Ein komplexes Thema, angenehm leichtfüßig aufbereitet.

Die Asche meines Vaters oder plötzlich reich und unsympathisch ab 13 Jahren, weitere Vorstellungen 12.9., 10.30 Uhr, 13.9., 19 Uhr, 14.9., 19 Uhr, 5.10., 10.30 Uhr, 6.10., 10.30 Uhr, 7.10., 19 Uhr, 9.10., 19 Uhr, Junges Schauspielhaus, Große Bühne Wiesendamm, Wiesendamm 28, Karten unter T. 24 87 13; www.junges.schauspielhaus.de