Hamburg. Elektropunk, Anarchie und Konsumkritik: Das Berliner Kollektiv “Glanz und Krawall“ zeigt im Lichthof Theater Puccini mal ganz anders.
Schön sehen Sie aus in ihren gestreiften Punk-Hosen, Lack-Fummeln und Nieten-Westen. Wie in den guten alten 1980er-Jahren. In seinem Gastspiel „La Bohème Supergroup“ macht das Berliner Musiktheaterkollektiv glanz&krawall bestehend aus Dennis Depta und Marielle Sterra im Lichthof Theater seinem Namen alle Ehre. Und entführt auf der Folie von Giacomo Puccinis Opernklassiker „La Bohème“ sehr frei in die Elektro-Punk-Zeiten Berliner Künstlerinnenwelten.
Theater Hamburg: Erheiternde Dialoge und besondere Kostüme
Kara Schröder kämpft als Rodolfo mit geduldigem Papier, für das er als Denker einfach keine Ader hat, während Monika Freinberger als Marcello eine herzförmige Hantel stemmt. Sie ist offenbar für das Körperliche des Künstlerinnen-Duos zuständig. Die bereits erwähnten Kostüme von Vanessa Vadineanu sind dabei ein absoluter Hingucker. Beiden aber fehlt das Organisationstalent für die verdammte Antragsbürokratie.
In ihrem erheiternden Dialog wechseln beide lustvoll zwischen Spielszenen und kurzen Opern-Melodien, neu arrangiert von Kat Papachristou und originell von einer dreiköpfigen, auch mal wechselnden Band performt. Auch die langjährige Chanson-Meisterin Cora Frost reiht sich ein in das erfrischend plakativ gebotene Spiel mit den Stereotypen der Opernliteratur. Als betagter Rocker mit Rauch gestählter Stimme darf Frost die begehrte Mimi betören.
Theater Hamburg: Elektropunk und Konsumkritik
Der Herzschmerz wird ziemlich unsentimental ausgelebt – zugleich aber derbe ironisiert, während in einer Ecke nebenbei noch eine Staffelei bearbeitet wird. Diese „Bohème Supergroup“ huldigt einer fröhlichen Anarchie und Konsumkritik aus der Perspektive des künstlerischen Prekariats.
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Im zweiten Teil lösen sich die Liebes- und Künstlerinnen-Dramen schließlich in ein reines Konzert mit feinstem Elektropunk auf. Bevor die Combo bei der antikapitalistischen Selbstermächtigungshymne „Fuck your Fucking Standards!“ landet.
Theater Hamburg: Puccini mal ganz anders
Einen alternativen Entwurf, eine Utopie oder auch nur einen Ausweg bietet das Kollektiv nicht an. Auch keine Auflösung der vielen verworrenen Handlungsfäden. Aber immerhin liefert der Abend die Erkenntnis, manchmal kann sogar der gute alte Puccini richtig befreiend klingen.
glanz&krawall: „La Bohème Supergroup“ So 25.9., 18 Uhr, Lichthof Theater, Mendelssohnstraße 15, Karten unter Telefonnummer: 01806/70 07 33; www.lichthof-theater.de