Hamburg. In der Barclays Arena präsentiert der Sänger fast 30 Songs aus seinem umfangreichen Werk. Dabei menschelt es an allen Ecken und Enden.

Ganz am Ende seines Konzerts, da singt Howard Carpendale die „Symphonie meines Lebens“. Als Ode an seine Fans. 7000 sind in die Hamburger Barclays Arena gekommen, um ihrem Star zum Abschluss seiner zweifach verschobenen Tour zuzujubeln. Darunter Steffen Baumgart, Trainer des 1. FC Köln, den „Howie“ extra begrüßt.

Manche sind ihrem Star für 13 Termine hintergereist und diskutieren eifrig die feinen Unterschiede der einzelnen Shows. „Und was einmal von mir bleiben wird / habt ihr mitkomponiert“, erklärt der 76-Jährige zum satten Sound seines 20-köpfigen Orchesters, das vorzüglich aufspielt – mit Bigband-Wumms, Soul und Schmelz. Howard Carpendale präsentiert fast 30 Songs aus seinem 700 Titeln umfassenden Werk. Das blonde Haar nach wie vor fedrig zurückgekämmt. Das Mikro locker in der Hand. Das Nuscheln nonchalant seit Jahrzehnten.

Howard Carpendale in Hamburg: Konzert wie Discofox im Partykeller

„Nachher ist hier chicken run“, sagt ein Mann im Publikum schmunzelnd. Aber bevor die vornehmlich weiblichen Gäste zur Bühne stürmen dürfen, ist zu Beginn erst einmal großes Nostalgie-Kino angesagt. Mit sehnsuchtsvollen Hits wie „Hello Again“ und „Samstag Nacht“ tauchen die Fans tief ein in die 80er-Jahre. Süßes Parfüm liegt in der Luft. Paare schunkeln. Howard Carpendale lässt ganze Passagen von der äußerst textsicheren Menge mitsingen. Und schnell fühlt sich die bestuhlte Arena an wie Discofox im Partykeller.

Der Sänger kanalisiert seinen inneren Louis Armstrong und singt dunkel aufgeraut „What A Wonderful World“. Ein Song, den sich sein Sohn Wayne 2013 zur Hochzeit mit „seiner Annemarie“ gewünscht habe, wie Howard Carpendale erzählt. Es menschelt an allen Ecken und Enden. Und zu „Ein paar sind immer über den Wolken“ verneigt „Howie“ sich vor den großen Vorbildern. Projektionen von Martin Luther King bis zu Greta erscheinen auf der Bühnenleinwand. Es soll nicht der letzte Moment sein, in dem er nachdenklich auf das Weltgeschehen blickt. Aber zunächst geht es mitten hinein in eine weitere Retro-Glückseligkeit.

Konzert in Hamburg: "Howie" leitet Fans durch die Emotionen

Howard Carpendale und sein Orchester beschwören die Zeit der ZDF Hitparade. Der Sänger lässt sich aus dem Off von Dieter Thomas Heck ansagen und stimmt seine Version von „Ob-La-Di, Ob-La-Da“ an. Der erste Hit des Südafrikaners hierzulande im Jahr 1969. Mit seinem lässigen Akzent und seinem augenzwinkernden Charme hat Carpendale damals ein Gefühl von Weltläufigkeit in die deutschen Wohnzimmer gebracht. Nicht so wild wie die Beatles und Elvis, deren Songs er sang. Eher wie eine Ahnung von Aufbruch und Abenteuer. Und auch in der Arena wird beim verdeutschten Smokie-Hit „Tür an Tür mit Alice“ beherzt das F-Wort mitgesungen.

Für drei Stunden leitet „Howie“ seine Fans durch die Emotionen. Freude. Trauer. Und immer wieder das große Ganze. „Es gibt derzeit 23 größere Kriege auf der Welt“, erklärt er. „Jeder davon wäre durch Diskutieren, Diplomatie und Verzicht vermeidbar.“ Es folgt die neuere Nummer „Unter einem Himmel“. „Howie“, der Schlagerpazifist. Er hat erkannt: Unterhaltung geht dieser Tage kaum ohne Haltung.

Howard Carpendale in Hamburg: Händeschütteln unter wonnigem Gekreische

Sehr stimmungsvoll gerät jener Teil der Show, in dem der Sänger mit einigen aus seiner Band nahe der Rampe sitzt und Songs wie Maffays „So bist du“ in reduziertem Arrangement singt. Da kommen die mehrstimmigen Harmonien mit seinem vierköpfigen Backgroundchor besonders schön zur Geltung.

Und zum Finale mit Liedern wie „Nachts, wenn alles schläft“ und „Ti amo“ stehen die Fans dann längst an der Bühnenkante. Howard Carpendale schüttelt Hände unter wonnigem Gekreische, nimmt Blumen und Briefe in Empfang. Wie in den 70er und 80er-Jahren. Und doch anders.