Hamburg. Generalkonsulin der Ukraine richtete vor Solidaritätskonzert unmissverständliche Worte ans Publikum. So viele Barspenden gingen ein.

 Mittwoch erst hatte die Staatsoper bekannt gegeben, dass auch sie – als drittes Staatstheater neben dem Thalia und dem Schauspielhaus – einen Solidaritäts-Abend für die Ukraine veranstalten wird. Bis zum Sonnabend waren alle Gratis-Karten abgerufen wurden, das Opernhaus war also randvoll, keineswegs nur mit Stammpublikum. Der NDR übertrug live im Radio, anschließend konnte im Foyer gespendet werden. Der Erlös dieser Barspenden: 24.172,12 Euro, die Eingänge auf dem Spendenkonto noch nicht mitgerechnet.

Intendant Georges Delnon berichtete vor Konzertbeginn von seiner Planung, wer vom Haus so kurzfristig mitwirken wollen würde: „Alle haben Ja gesagt, bevor ich überhaupt zu Ende gefragt hatte.“ Solidarität habe eine besondere Bedeutung für die Hamburger, betonte Delnon, „es ist wichtig, eine Haltung zu haben, es ist aber auch wichtig, konkret zu helfen.“

Staatsoper: Generalkonsulin findet vor Konzert unmissverständliche Worte

Nach Delnons Begrüßung richtete Irina Tybinka, Generalkonsulin der Ukraine, bewegende, eindringliche, aber auch unmissverständlich harte Worte ans Publikum: „Alle Kräfte müssen sich darauf konzentrieren, den Feind zu besiegen.“ Jetzt sei keine Zeit für Halbtöne und Nuancen mehr, es gebe nun nur das Licht und das Böse. Russland sei ein terroristischer Staat, der kein Mitleid kenne.  Die bereits schwer verwundete Stadt Mariupol sei, so Tybinka, zum Symbol des unbesiegbaren Geistes geworden. „Fordern Sie weitere, härtere Sanktionen, isolieren Sie Russland, auf jeder Ebene, in jedem Format!“, appellierte sie, „und jeder von Ihnen wird zu einem Helden werden. Meine Landsleute sind bereits Helden. Lieber Gott, rette und schütze die Ukraine, sei uns gnädig. Slava Ukraini!“

Über der Opern-Bühne, die in den ukrainischen Nationalfarben mit blauen und gelben Blumen geschmückt war, war  groß das Motto des Abends und damit auch des Protests gegen Putins Angriffskrieg zu lesen: „#StandWithUkraine“. Erste Künstlerin im 90-minütigen Programm war aber kein Mitglied des Staatsopern-Ensembles, sondern Natalia Klitschko, die Ehefrau von Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko.

"Stand with Ukraine“: Natalia Klitschko zitiert Gandhi

Nachdem sie das Volkslied „Die Zaubergeige“ gesungen hatte, erklärte sie im Gespräch mit der NDR-Moderatorin Friederike Westerhaus, wie stolz sie auf ihr Volk und seine Männer sei. „Sie kämpfen für jeden von uns, für Europa, für die ganze Welt.“ Singen sei traditionell enorm verbindend für die Menschen in ihrem Land: „Wenn wir feiern, trauern, kämpfen – dann singen wir. Es ist eine große Ehre für mich, hier für mein Land singen zu dürfen.“ Und sie zitierte Mahatma Gandhi: „Es gibt keinen Weg zum Frieden. Der Frieden ist der Weg.“

Anschließend sang unter anderem der in Kiew geborene Tenor Oleksiy Palchikov, der wenige Stunden vor Beginn dieser Veranstaltung noch in der rumänischen Grenzregion zur  südwestlichen Ukraine gewesen war, um dort seine Eltern zu treffen, die es endlich über diese Grenze geschafft hatten. „Meine Familie ist jetzt sicher“, berichtete er nach Donizettis „Una furtiva lagrima“ („Eine verstohlene Träne“), sichtlich bewegt. „Aber ich habe auch noch eine andere Familie: die Ukraine.“

„Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin“, mit diesen Worten beginnt Heines „Loreley“. Nicht die gängige Volkslied-Version, sondern die dramatischere, verstörendere Version von Liszt präsentierte die Sopranistin Elbenita Kajtazi, bevor sie von ihren traumatischen Erinnerungen als kleines Mädchen im Kosovo-Krieg berichtete.

Tenor Gregory Kunde sang „Vincerò“ – „Ich werde siegen“

Klaus Florian Vogt, im April in der neuen „Tannhäuser“-Produktion in der Titelpartie an der Staatsoper zu hören und eigentlich vor allem auf Heldentenorales von Wagner abonniert, überraschte interessant mit drei Strauss-Liedern. Dass er sich auch für das sehnsuchtsvolle „Morgen“ entschieden hatte, war allerdings garantiert kein Zufall: „Und morgen wird die Sonne wieder scheinen“, heißt es dort, „und auf dem Wege, den ich gehen werde / wird uns, die Glücklichen, sie wieder einen / inmitten dieser sonnen­atmenden Erde.“

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Am Vorabend der „Turandot“-Premiere traten sowohl die Sopranistin Guanqun Yu – sie singt in der Neuinszenierung die Liù – als auch der Tenor Gregory Kunde kurz auf, sie sang „D’amor sull’ali roseee“ aus Verdis „Il trovatore“, Kunde wollte mit Calafs „Nesssun dorma“ einen vielsagenden Vorgeschmack auf die Premiere geben. Dass diese Arie mit einem trotzigen, triumphierend schmetternden „Vincerò“ („Ich werde siegen“) endet, unterstrich Kunde, indem er auf das Konzert-Motto zeigte. Abschluss dieses musikalischen und moralischen Statements, natürlich und vor stehendem Publikum: die ukrainische Nationalhymne, gesunden von Andrei Bondarenko, Natalia Klitschko und Oleksiy Palchykov, mit der Hand am Herz. Eine klare Haltung.

Spendenkonto:

  • Empfänger: Generalkonsulat der Ukraine in Hamburg
  • Konto-Nr.: 678885510
  • Bankleitzahl: 200 400 00
  • IBAN: DE54 2004 0000 0678 8855 10
  • BIC: COBADEFFXXX
  • Verwendungszweck: Unterstützung der Ukraine