Hamburg. Die britische Autorin Laurie Penny las und diskutierte auf Kampnagel. Für traditionelle Feministinnen ist sie eine Reizfigur.

Die Lesung auf Kampnagel findet am Internationalen Frauentag statt, aber Laurie Penny ist da schon weiter. Wenn die 35-Jährige von Frauenrechten spricht, dann argumentiert sie feministisch, aber sie weiß, dass Feminismus nur dann schlagkräftig ist, wenn er weitere Gruppen mit einbezieht. Schwule. Muslimas. Juden. Menschen mit Behinderung.

Laurie Penny ist für manche Feministinnen eine Reizfigur

Für traditionelle Feministinnen ist die Britin deswegen eine Reizfigur, aber davon abgesehen hat sich auf Kampnagel ein buntes Publikum eingefunden, um an der von der Journalistin Juliane Löffler kenntnisreich moderierten Diskussion über Pennys jüngste Veröffentlichung „Sexuelle Revolution“ teilzunehmen: Hipsterfrauen, Akademikerinnen, Nachwuchsfeministinnen. Und auch gar nicht so wenige Männer, trotz Frauentag.

Penny liest aus der Einleitung: wie sich Macht jahrhundertelang an einer strengen Geschlechterordnung orientierte, wie sich diese Ordnung in den vergangenen Jahrzehnten aufzulösen begann, wie Sexualität sich nach und nach von der Reproduktion befreite und wie sich so auch die Machtverhältnisse veränderten. Aber auch: Wie sich Widerstand gegen diese Veränderung formiert.

Dieser Widerstand äußert sich für Penny vor allem in Frauenfeindlichkeit und Antifeminismus, aber seine Ziele sind größere: Es geht darum, Machtstrukturen wiederaufzubauen, die gerade nach und nach wegbrechen. Die Macht von weißen Männern mit klarer geschlechtlicher Identität. Es ist in dieser Weltsicht kein Zufall, dass die russische Regierung zunächst homosexuellenfeindliche Gesetze erließ, bevor sie den Krieg gegen die Ukraine vom Zaun brach – nach Ansicht der Autorin geht es grundsätzlich darum, alte Hierarchien zu restaurieren.

Laurie Penny in Hamburg: Sexarbeit, Brexit, Gendern

Pennys Gedankengänge sind klar, sie ist freundlich aufgeregt (die Veranstaltung ist ihre erste zum neuen Buch), ihr Englisch ist prononciert, mit leichtem Londoner Zungenschlag. Im Buch habe sie keine humoristischen Schlenker eingebaut, erzählt sie, weil sie Angst hatte, dass Humor in Kriegszeiten unpassend wäre, aber im Gespräch gibt sie sich sehr wohl ironisch. Nicht ohne sich dann dafür zu entschuldigen: „Ich bin Britin, wir machen Witze, wenn wir nervös sind.“ Sie kommt vom Hölzchen aufs Stöckchen, von Sexarbeit über den Brexit und feministische Science Fiction zu gendergerechter Sprache.

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Und sie holt die Diskussion aus der Theorie zurück auf den Boden der Realität. Sie fragt: Was macht der antifeministische Backlash mit ihr, als genderqueerer Frau? Wie geht sie damit um, ständig Hassmails zu bekommen, die ihr prophezeien, dereinst einsam zu sterben, umringt ausschließlich von Katzen (und weil sie, wie gesagt, mit britischem Humor gesegnet ist, erwähnt sie an dieser Stelle ihre Katzenhaarallergie)? Und was macht das mit uns? Es bringt nichts, Feminismus nur als Frauenthema zu sehen, das ist der Kern von Pennys Denken.