Saitenbieger Slash präsentiert sein viertes Album mit Myles Kennedy, Eddie Vedder verstärkt sich mit prominenten Studiogästen.

1991 war ein Jahr der Zeitenwende. Während Guns N’Roses mit den Alben „Use Your Illusion I+II“ das letzte, aber ganz große Feuerwerk des 80er-Hardrocks entzündeten, läutete Pearl Jam mit „Ten“ (und zusammen mit Nirvana und weiteren Bands) die Ära von Grunge und Alternative Rock ein. Aber 30 Jahre später sind die Guns N‘Roses und Pearl Jam immer noch oder wieder da, nicht zu vergessen die zahlreichen weiteren Projekte der Musiker.

Gunners-Gitarrist Slash zum Beispiel veröffentlicht jetzt mit „4“ (Gibson Records) das vierte Album mit seinem Sängerkumpel Myles Kennedy (Alter Bridge) und The Conspirators.

CD-Tipp: Slash veröffentlicht auf „4“ Lieder mit Jam-Charakter

„Es ist eine sehr spontane, lustige Sache“, gibt Slash der Platte mit, und tatsächlich haben der schön losbretternde Einstiegssong „The River Is Rising“, der 70er-Staubpuster „Actions Speak Louder Than Worlds) und das Glam-glitzernde „The Path Less Followed“ einen direkten, am Produktionstisch auffällig naturbelassenen Jam-Charakter. Das nimmt den zehn aufgenommenen Liedern über die Landstrecke allerdings auch etwas die Präsenz und Abwechslung.

Aber Fans von Slashs so langen wie hastigen Wanderschaften auf dem Gitarren-Griffbrett kommen natürlich auf ihre Kosten. „4“ ist übrigens die erste Veröffentlichung auf dem neuen Label von US-Gitarrenbauer Gibson. Wer 2500 Euro und mehr übrig hat, kann sich auf die Suche nach einer der 250 kirschroten „4“-Sondereditionen von Slashs Gibson Les Paul Gitarren machen. Alle anderen schwelgen beim Hören von „Fill My World“ in Nostalgie und träumen von „Sweet Child O’Mine“.

Eddie Vedder legt die Ukulele wieder beiseite

Und Eddie Vedder? Der Pearl-Jam-Frontmann entdeckt nach dem Ausflug in die Welt der Gitarrenwinzlinge mit dem Album „Ukulele Songs“ (2011) und dem Soundtrack für „Flag Day“ (2021) jetzt auf „Earthling“ (Republic Records) wieder das große Gerät. Schon die Liste der Studiogäste ist absolut überirdisch: Mit dabei sind Elton John und Stevie Wonder, Ringo Starr, Glen Hansard sowie Red-Hot-Chili-Peppers-Schlagzeuger Chad Smith, nicht zu vergessen Gitarrist Josh Klinghoffer, der in den 90ern auch eine Weile Saiten bei den Chili Peppers verbog.

Das Ergebnis ist eine kraftvolle wie melodiöse Hommage an den Rock an sich mit vielen großen und kleinen Verweisen. „Invincible“ wäre ideal für einen Besuch von Bruce Springsteen in Vedders Studio gewesen, Tom Petty könnte bei „Long Way“ mitmachen – da Petty 2017 gestorben ist, vertritt ihn Heartbreakers-Keyboarder Benmont Tench. Und wo ein Ringo Starr mittrommelt, sind die Beatles natürlich sofort zur Stelle wie in „Mrs. Mills“.

Stevie Wonder hingegen erinnert in Try noch einmal daran, dass er seit jeher auch gern Harmonica spielt. Aber spätestens beim Duett mit Elton John in „Pictures“ ist klar: Eddie Vedder hat eine noch altmodischere Platte aufgenommen als Slash. Und das will was heißen.