Hamburg. Dem Repertoire der US-Sängerin scheinen keine Grenzen gesetzt. So klingt die Zukunft des Jazz – die Konzertkritik.
Die internationale Jury des renommierten US-Jazzmagazins „Downbeat“ hat Cécile McLorin Salvant gerade zur Sängerin des Jahres gekürt. Dem Publikum in der unter Corona-Bedingungen ausverkauften Elbphilharmonie zeigte sie, warum sie in der Kritikergunst so weit oben rangiert.
McLorin Salvant verfügt über eine einzigartige Stimme und sie besitzt Bühnencharisma. Sie hätte das Zeug zur Diva, doch sie verkörpert mit ihrer fröhlichen Art Natürlichkeit und Bodenhaftung. Und sie kann aus einem breiten Repertoire schöpfen, dem keine Grenzen gesetzt zu scheinen.
Elbphilharmonie: Cécile McLorin Salvant singt berührend
Ihr Konzert im Großen Saal beginnt sie mit „Until“, einem Song von Sting, den er für den Film „Kate und Leopold“ geschrieben hat. Unterstützt von einer großartigen fünfköpfigen Band verwandelt sie den Popsong in ein Jazz-Juwel. Der Rhythmus rollt, sie zeigt die große Spannweite ihrer klaren Stimme, die Flötistin Alexa Tarantino bereichert das Stück mit einem starken Solo.
Der nächste Höhepunkt folgt mit Bessie Smiths „St. Louis Gal“, einem uralten Blues. McLorin Salvant, Tochter einer Französin und eines haitianischen Vaters, taucht tief ein in die schmerzvolle Geschichte einer afroamerikanischen Frau. In der Stadt am Mississippi hat sie ihren Mann, ihren Stolz und ihre Freude verloren. McLorin Salvant macht diese Verzweiflung spürbar und hat in Gitarrist Marvin Sewell einen Partner, der den Blues genauso empfindsam ausdrücken kann.
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Über Sewell heißt es, dass er der beste amerikanische Gitarrist sei, der noch unentdeckt ist. Das Hamburger Publikum weiß es nach diesem magischen Abend besser und überschüttet den Mann aus Chicago nach jedem Solo mit frenetischem Beifall.
Cécile McLorin Salvant ist die Zukunft des Jazz
Ihr Verständnis von europäischer Kultur zeigt McLorin Salvant mit ihrer tief ausgeloteten Version von Kurt Weills „Seeräuber-Jenny“ und einem weiteren Song aus Brechts „Dreigroschenoper“ im Zugabenteil. Die Sängerin, 1989 in Miami geboren und dort aufgewachsen, ist eine Interpretin im besten Sinne. Mit ihrer Stimme, mit Bauch und Verstand kreiert sie aus den Vorlagen etwas komplett Neues.
Beeindruckend auch, wie sie aus Kate Bushs Poplied „Wuthering Heights“ einen tiefschwarzen Gospel macht und aus „Breathing“ dank Sewells Hilfe einen countryesken Song. McLorin Salvant ist in der Tradition des vokalen Jazz verwurzelt, doch sie repräsentiert auch dessen Zukunft. Das Publikum in der Elbphilharmonie ist aus dem Häuschen. Zu Recht.