Hamburg. Rudolf Buchbinder und die Sächsische Staatskapelle Dresden mit drei Beethoven-Klavierkonzerten in der Elbphilharmonie.

Für Rudolf Buchbinder und sein Wesenskern-Repertoire Beethoven wäre der Begriff „Vollkasko-Virtuose“ noch frei. Die Technik läuft, das ist alles von der Kunstsicherheit gedeckt und bombenfest abrufbar, seine Kenntnis des Notentexts ist, nach jahrzehntelanger intensiver und angenehm unaufgeregter Beschäftigung, allerbestens.

Und es gibt eigentlich keinen Moment, in dem man als Publikum in die Gefahr kommen könnte, einen dramatischen Ausrutscher oder gar den Absturz ins Risiko miterleben zu müssen. Wer Buchbinder bucht, kann sich zurücklehnen und darf zuverlässig genießen, was zuverlässig kommt.

Elbphilharmonie: Beethoven wurde brillant gespielt

Alle fünf Beethoven-Konzerte, an zwei Abenden, mit sich selbst als ausübendem Dirigenten, ein sehr buchbinderisches Projekt. Die Verbindung zur Sächsischen Staatskapelle Dresden ist lang und offenkundig innig, was soll da schon groß schiefgehen beim Gastspiel im Großen Saal der Elbphilharmonie? Im ersten Konzert stellte Buchbinder Nr. 4, den vielleicht innigsten und kontrastschärfsten Teil dieses Quintetts, in den Mittelpunkt.

Hier wurde dann auch am stärksten klar, wie unverzärtelt und solide poliert er „seinen“ Beethoven sieht, versteht und spielt: Brillant, unvernebelt, mit einem beeindruckenden Hang zum jugendlich energischen Forschen. Eine starke, von Respekt geprägte, verbindlich auftrumpfende Leistung.

Orchester war sich selbst überlassen

Das B-Dur-Konzert op. 19 war eher eine Vorbereitung auf diesen Zentralstern. Dort haushaltete Buchbinder ungemein geschickt mit seinen Kräften, wie das sprichwörtliche Turnierpferd, das immer nur genau so hoch springt, wie es muss. In Konzert Nr. 3 waren Spielfreude und wieder auf einem Nenner, und wie schon zuvor war jede Kadenz war ein Fest der ungetrübten Fingerfertigkeit.

Schon sehr schön also, das alles. Schöner allerdings wäre es gewesen, wenn die Staatskapelle an etwas kürzeren Zügeln geführt worden wäre. In den Solo-Passagen hatte Buchbinder nun mal alle Hände voll zu tun; dort war das Orchester sehr sich selbst und seiner voluminösen Klangschönheit überlassen, was nicht allen Orchestern ständig wirklich gut tut.

Konzertkritik: Ein Abend zum Staunen

In der Dynamik einen Gang herunterschalten, um Strukturen feiner darzustellen, hätte das Gesamtklangbild wohlwollend verfeinert. So aber blieb es beim ziemlich wuchtigen Draufhalten, in den langsamen Sätzen nicht immer der Stimmungslage angemessen einfühlsam. Dennoch: Ein Abend zum Staunen.

Nächste Konzerte: 29.9. 20 Uhr, Elbphilharmonie, Gr. Saal: Beethoven-Klavierkonzerte Nr. 1 / 5. Evtl. Restkarten an der Abendkasse. 17.11. Laeiszhalle, Gr. Saal: „Das Diabelli-Projekt“ mit den Variationen von Beethoven und diversen zeitgenössischen Komponisten. Karten ab 5.10. www.elbphilharmonie.de. CDs: „The Musikverein Cycle“ mit den Beethoven-Klavierkonzerten (DG, 3 CDs, ca. 33 Euro), „Beethoven-Sonaten“ (DG, 9 CDs, ca. 40 Euro)