Hamburg. Sophia Kennedy brilliert bei ihrem Kampnagel-Konzert – und die Theater-Installation “Der Teich“ löst Beklemmungen aus.

Viele haben ja derzeit das Gefühl, dass die Zeit eigenartig stehengeblieben ist in den vergangenen zwei Jahren. Da passt es, dass Sophia Kennedy bei ihrem Konzert auf Kampnagel das gleiche weiße Outfit trägt wie 2019 bei ihrem Auftritt im Kleinen Saal der Elbphilharmonie. Die Klänge sind jedoch neu.

An der Seite ihres musikalischen Komplizen Mense Reents (Gitarre) schichtet Kennedy schöne, expressive Keyboard-Flächen aus ihrem aktuellen Album „Monsters“ aufeinander und lässt sie mit wandlungsfähigen Stimme verschmelzen. Das Ergebnis ist dunkle Euphorie. Viel Beifall des an diesem lauen Sommerabend zahlreich versammelten Publikums.

Kampnagel Sommerfestival: elektronische Düsternis

Mit elektronischer Düsternis kennt sich auch die französische Theatermacherin Gisèle Vienne aus. In ihrer Produktion „Der Teich“ nach einem wenig bekannten Kurzdrama des Schweizer Autors Robert Walser blickt der Zuschauer zu dröhnender Technomusik in ein Jugendzimmer voller unheimlich regungsloser, lebensgroßer Puppen.

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Nachdem ein Mann sie weggetragen hat, betreten zwei Performerinnen die Bühne. In beeindruckend choreografierten Zeitlupen-Bewegungen verkörpert Adèle Haenel („Porträt einer jungen Frau in Flammen“) den jungen, innerlich zerrissenen Fritz, der sich von seiner Mutter (mit kühler Eleganz gegeben von Ruth Vega Fernandez) nicht geliebt fühlt.

Im Aufruhr der Gefühle simuliert Fritz seinen eigenen Selbstmord in besagtem Teich. Mit kindlich kieksender Stimme verkörpert Haenel Fritz, aber auch seine Geschwister Paul und Klara. Fritz’ Verletzlichkeit schmerzt schon beim Zuschauen, wenn sich Haenel, den Eltern ausgeliefert, Schutz suchend am Boden krümmt.

„Der Teich“ – grandios performte Theater-Installation

Auch wenn der Abend eigentlich vom Text getragen ist, dominieren doch die überaus starken Bilder. Fluoreszierende Blau-, Violett-, Grün- und Gelbtöne färben den White Cube ein. Dazu wabern die konzentrierten Drone-Klänge von Stephen F. O’Malley und mischen sich mit den zwischen Stöhnen, Ersticken und Schreien wechselnden Geräuschen Haenels. Das ist harter Stoff, doch seine formale Konsequenz macht „Der Teich“ bei aller Beklemmung zu einer sehr eindringlichen und grandios performten Theater-Installation.

Internationales Sommerfestival bis 22.8., Kampnagel, Karten: www.kampnagel.de