Hamburg. Norwegische Gruppe Susie Wang präsentiert auf Kampnagel „Licht und Liebe“. Es geht um ein Touristenpaar und ein Urlaubsparadies.

Vor zwei Jahren präsentierte sich die norwegische Performance-Gruppe Susie Wang erstmals beim Internationalen Sommerfestival und sorgte mit „Mummy Brown“ für wohligen Schrecken. In einer realistischen Museumskulisse entglitten auf einmal die Ereignisse, es wurde abgründig – und ziemlich blutig.

Das Kollektiv spielt grundsätzlich sehr gekonnt mit einem diffusen Gefühl der Bedrohung durch die Assoziation von Krankheit, Verfall oder gar Tod. Die neue Produktion „Licht und Liebe“, die vom 5. bis 8. August beim Sommerfestival auf Kampnagel gastiert, führt ein deutsches Touristenpaar dann auch nur scheinbar in ein Urlaubsparadies. Man ahnt, dass die Dinge bald Susie-Wang-typisch auf so unterhaltsame wie horrorartige Weise in einem Bühnenthriller eskalieren.

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Tage vorher arbeiten Regisseurin und Autorin Trine Falch und der visuelle Designer Bo Krister Wallström mit Hochdruck am Aufbau der komplizierten Bühnenkonstruktion. Der Kern der Gruppe Susie Wang begann bereits 1986 unter dem Namen Baktruppen mit einem brachial postmodernen Zertrümmerungstheater. „Das norwegische Theater war zu der Zeit altmodisch und langweilig. Wir wollten mit den Konventionen aufräumen“, berichtet Trine Falch.

Anfangs wurden auf der Bühne auch mal Autos zerstört

Das taten die Baktruppen mit durchschnittlich sieben bis zwölf Mitgliedern, provokanten öffentlichen Aktionen und konzeptionellen Arbeiten, in denen sie manchmal einfach ein Auto zerbeulten. Doch 20 Jahre nach Beginn der Rebellion war die Gruppe der Dekonstruktion müde. Und auf einmal erschien den Mitgliedern das lange als überholt und nicht relevant abgelehnte Erzähltheater mitsamt seiner Psychologie überraschend reizvoll.

„Wir fanden Spaß daran, eine neue Bedeutung darin zu suchen. Denn viele Performer gingen nach der Arbeit nach Hause und sahen auf einmal ganze Serienstaffeln durch“, erzählt Trine Falch. „Die Sehnsucht nach Fiktion ist einfach da. Das fängt mit den Märchen und ihren Monstern und Trollen bei den Kindern an. Und auf einmal fühlten wir uns darin zu Hause.“ Das Kollektiv verwendet heute viel Energie auf eine detaillierte Erzählung, auf eine perfekt inszenierte Fiktion, die sich auch an filmischen Mitteln orientiert.

Die Geschichte wird nicht linear erzählt

Die Geschichte wird allerdings trotzdem nicht linear erzählt. Unsicherheiten und Doppelbödigkeiten mischen sich auch in „Licht und Liebe“ in die Erlebnisse des scheinbar klischeehaft gezeichneten Touristenpaares. Nicht die Figuren alleine bestimmen über den Fortgang des Geschehens, sondern auch die Umwelt. Zufälle brechen in die Normalität ein. „Wir spielen mit dem Unbewussten, auch mit unserem eigenen, ohne darüber eine vollständige Kontrolle zu haben“, sagt Trine Falch.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Der Zuschauer ist versucht, einem scheinbaren psychologischen Realismus auf den Leim zu gehen, der sich allerdings als Trick entpuppt. Dass das im Ergebnis oft in Horrorelementen und sogar Splatter-Szenarien mündet, sei keine Absicht, betonen Falch und Wallström. In jeder Fiktion liege ein gewisser Horror. Und so bleibt es letztlich dem Publikum überlassen, seinen eigenen Assoziationen zum Thema Reisen im Jahr zwei der Corona-Pandemie zu folgen.

Susie Wang: „Licht und Liebe“ 5. bis 7.8., jew. 19.00, 7.8., 22.30, 8.8, 17.00, 20.00,

Internationales Sommerfestival bis 22.8., Kampnagel, Jarrestraße 20-24, Karten unter T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de