Hamburg. „Ode an Napoleon“: Im Livestream aus der Laeiszhalle verbanden die Symphoniker Hamburg Schönberg mit Beethoven. Nicht alles gelang.
Musik ist viel mehr als schöner Klang und netter Zeitvertreib. Sie kann Menschen aufrütteln, existenzielle Themen anreißen und geistige Grenzen sprengen. All das hatten sich die Symphoniker Hamburg für ihren Konzertstream aus der Laeiszhalle vorgenommen.
Zum Auftakt Schönbergs „Ode an Napoleon“ – ein beißender Abgesang auf alle Tyrannei –, am Ende Beethovens revolutionäre „Eroica“-Sinfonie, und dazwischen ein philosophischer Dialog zu den Bedingungen von Freiheit: So das anspruchsvolle Programm.
Symphonikern fehlt es an zynischer Kälte
Dessen Umsetzung geriet allerdings nicht ganz so zwingend. Die Streicher der Symphoniker und Pianist David Kadouch bewältigten das sauschwere Notengefrickel von Schönbergs Ode zwar mehr als anständig und folgten ihrem Chef Sylvain Cambreling konzentriert. Doch die zynische Kälte, mit der das Stück seine Verachtung über menschlichen Größenwahn ausspuckt, wirkte zu milde. Auch, weil die großartige Schauspielerin Dörte Lyssewski hier zu wenig Gift versprühte.
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Der Eindruck, dass in puncto Ausdruck noch mehr drin gewesen wäre, bestärkte sich in der „Eroica“. Auch hier spielten die Symphoniker unter Cambreling professionell und – den weiten Abständen zum Trotz – gut koordiniert, gerade in den Bläsern. Aber der Aufrührer Beethoven, der die bestehende Ordnung stürzen will, trat nur mit gebremster Kraft in Erscheinung.
Hamburger Orchester noch ermattet
Vielleicht stand das Orchester noch unter dem Eindruck der mühsamen Pause: Das Gespräch zwischen Symphoniker-Intendant Daniel Kühnel und dem Philosophen Christoph Menke über die Voraussetzungen und Paradoxien der Freiheitsidee war für den Kontext eines Konzertstreams schlicht viel zu lang und zu weitschweifig – und hinterließ auch beim willigen Zuschauer zuhause vor dem Bildschirm einen eher ermattenden als inspirierenden Eindruck.