Hamburg. Gitarrist Pat Metheny und Saxofonist Pharoah Sanders sorgen für Horizonterweiterungen. Und dann ist da noch ein polnischer Trompeter.
Aus dem Wust der monatlichen Jazz-Neuerscheinungen herauszustechen ist nicht leicht. Jedenfalls wenn man nicht Pat Metheny oder Keith Jarrett heißt und auf Blindkäufe der so weltumspannenden wie treuen Fangemeinde setzen kann.
Nun hat der polnische Trompeter Piotr Schmidt zwar schon neun Alben unter eigenem Namen veröffentlicht, aber ein Selbstgänger ist eine neue CD dennoch nicht; da hilft es, mit einem Cover zu punkten, das ins Auge fällt. Im Fall von „Dark Forcast“ (SJ Records) erinnern Motiv und Typografie an die Veröffentlichungen des ECM-Labels und wecken entsprechende Erwartungen an die musikalische Qualität.
Jazz-Neuerscheinung: Piotr Schmidt Quartet enttäuscht nicht
Die gute Nachricht: Das Piotr Schmidt Quartet, das hier gelegentlich zum Sextett erweitert wird, enttäuscht nicht. Die neun Eigen- und zwei Fremdkompositionen bieten melancholisch-verwehten Modern Jazz, bei dem erkennbar ist, dass Schmidt den großen Tomasz Stańko (1942-2018) zu seinen Vorbildern zählt. Ein in sich ruhendes Album, das bei allem Melodienreichtum genügend Kanten zu bieten hat, um auch bei wiederholtem Hören spannend zu bleiben.
Etwas komplizierter ist die Lage bei Pat Metheny, der zwar in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder experimentiert hat, aber eben auch für einen absolut unverkennbaren Gitarrenton stand. Album-Klassiker wie „New Chautauqua“, „American Garage“ oder „Beyond The Missouri Sky“ (mit Bassist Charlie Haden) haben Hörgewohnheiten geprägt, sie nicht zu bedienen, ist ein kleines Risiko, über weite Strecken nicht einmal selbst Gitarre zu spielen, sondern spielen zu lassen, ein deutlich größeres.
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Pat Metheny lässt spielen und dräbgt zur Horizonterweiterung
Für ihn sei „Road To The Sun“ (Modern Recordings) ein Quantensprung, hat Metheny in Interviews gesagt, weil es sich hier erstmals nicht zum improvisierte, sondern um durchkomponierte Musik handelt, die auch in 100 Jahren noch genauso aufgeführt werden kann – womit er sich ganz bewusst in Richtung klassische Musik bewegt und vom Jazz entfernt.
Bei einem Stück (Arvo Pärts „Für Alina“) ist er selbst zu hören, ansonsten spielen Grammy-Gewinner Jason Vieaux beziehungsweise das Los Angeles Guitar Quartet. Das Ergebnis: ein reines Gitarrenalbum, das auch mal in Richtung Flamenco oder Folk ausschlägt und alte Fans zur Horizonterweiterung drängt.
Jazz-Ikone Pharoah Sanders zeigt sich von einer neuen Seite
Ähnliches gilt für alle, die es seit einer Ewigkeit mit Pharoah Sanders halten, denn die Ikone des Spiritual Jazz, explosiver Weggefährte von John Coltrane, ist für „Promises“ (Luaka Bop/K7!) eine ungewöhnliche Kooperation eingegangen. Gemeinsam mit dem britischen Electronic-Soundtüftler Sam Shepherd (der das Projekt Floating Points betreibt) begibt er sich hier auf eine gut dreiviertelstündige Klangreise, die mal treibend, mal verträumt groovt und Sanders im Alter von 80 Jahren von einer neuen Seite zeigt.
Floatings Points und das London Symphony Orchestra sorgen für die Grundierung, in die der Tenorsaxofonist seine Läufe setzt. Einfühlsam, fast gediegen, kein Vergleich zu den Freejazz-Eruptionen der 60er-Jahre.
Er sei immer noch auf der Suche, wird Sanders im Presseinfo zu diesem Album zitiert; ansonsten sagt er wie gewohnt nicht viel, sondern betont, er wolle die Musik sprechen lassen. In diesem Fall erzählt die von einem Mann mit bewundernswert offenen Ohren, dem der eigene Legendenstatus nichts bedeutet – auch wenn es natürlich sein Name ist, der „Promises“ die Aufmerksamkeit verschafft, die es verdient.