Hamburg. Das Originalklang-Ensemble Les Siècles spielte ein Konzert über „Vier Jahrhunderte Tanz“ – mit vielen erstaunlichen Instrumenten.

Aus Schaden wird man klug. Deswegen hatte der Dirigentenstab, mit dem François-Xavier Roth bei den Ballettmusiken aus Lullys „Le bourgeois gentilhomme“ das Tempo anklopfte, auch einen dicken Plastik-Stopper am unteren Ende, keine Metallspitze. Denn weil der Hofcompositeur von Ludwig XIV. sich so etwas im Eifer seines Dirigats in den Fuß gerammt hatte, war Lully 1687 an der Entzündung verschieden.

„Vier Jahrhunderte Tanz“, das war das Leitmotiv für das zweite von drei Konzerten, in denen Roth sich in dieser Saison in der Elbphilharmonie als musikhistorisch informierter Universal-Spezialist präsentiert. Der Aufwand: immens.

Für jedes Stück das richtige Instrument – zum Beispiel eine Ophilkleide

Für jedes Stück hatte das Originalklang-Ensemble Les Siècles das korrekte Instrumental-Sortiment parat: schmaler mensurierte Holzblasinstrumente, Hochrisiko-Naturhörner ohne Ventile, Fagotte verjährter Bauweise, eine Ophilkleide als Tuben-Double. Die Ergebnisse? Sensationell, wegen der Selbstverständlichkeit, mit der Stil-Entwicklungen vorgeführt wurden.

Nach dem Lully zum Warmwerden zauberte Roth mit Appetithappen aus Rameaus „Les Indes Galantes“ die höfische Pracht von Versailles in den Großen Saal. Denen folgten die funkelnden Höhepunkte aus Delibes’ „Coppélia“ als Walzerrausch voller Esprit und Massenets spanische „Le Cid“-Ballettmusik, mit einem Temperament, das dessen Cousine Carmen wie Lieschen Müller wirken ließ. Danach schaltete Roth noch einen Gang höher, zu Strawinskys „Le sacre du printemps“, 107 Jahre jung, raue elegante Urgewalt, virtuos gebändigt, dramatisch wie ein Thriller.

Nächstes Konzert: 24.2., Elbphilharmonie, Gr. Saal „Beethoven-Akademie 2020“ mit dem Gürzenich-Orchester Köln. Evtl. Restkarten.